Geschichte des Bildhauerei
Die Bildhauerei zählt zu den ältesten Kunstformen der
Menschheit. Bereits in vorgeschichtlichen Zeiten schufen
die Künstler lange vergangener Kulturen beeindruckende
Plastiken aus Materialien wie Elfenbein und Ton. Obwohl
die ältesten erhaltenen Exemplare schon vor etwa 30.000
Jahren entstanden, wurden diese Objekte bereits mit
einem tiefen Sinn für Ästhetik gefertigt und waren
deshalb äußerst ausdrucksstark. Aufgrund der
vorherrschenden Motive, stilisierte Frauenfiguren sowie
Zwitterwesen aus Mensch und Tier, dienten diese frühen
Kunstwerke vermutlich kultischen Zwecken. Auch die
Skulpturen der frühen Hochkulturen Mesopotamiens und
Ägyptens gingen aus der vorherrschenden Religion hervor.
Dabei setzten die Bildhauer vermehrt auf Stein als
Ausgangsmaterial. Dies ermöglichte es ihnen, immer
größere Plastiken zu erschaffen. Während die Kunst des
Zweistromlands bereits in der Antike in Vergessenheit
geriet, prägten insbesondere die Sphinx und die
tierköpfigen Götterstatuen das Bild Ägyptens viele
Jahrhunderte lang. Daneben gingen aber aus dem
ägyptischen Totenkult auch Darstellungen einzelner
historischer Persönlichkeiten hervor. Obwohl diese
durchaus einzelne individuelle Züge trugen, folgten sie
aber noch einer strenge Formensprache. Sie betonten
nicht die einzigartige Persönlichkeit des Dargestellten,
sondern bildeten seine Position in der Gesellschaft ab.
In der griechischen Antike brach die Bildhauerei mit
dieser Tradition. Erstmals wurden Skulpturen geschaffen,
die äußerst realistisch und lebendig wirkten. Der
bevorzugt verwendete Marmor und die fortgeschrittene
Bildhauertechnik ermöglichten es, die Oberflächen der
Plastiken so zu glätten, dass selbst kleine Details
weich und natürlich gestaltet werden konnten. Trotz der
naturnahen Darstellungsweise bevorzugten die
griechischen Bildhauer aber einen Idealtypus des
menschlichen Körpers, hinter dem individuelle
Eigenschaften zurücktreten mussten. Dies änderte sich
erst in der Zeit des Römischen Reiches. Zwar enthielten
insbesondere öffentlich aufgestellte Standbilder
durchaus noch idealisierende Elemente, aber die
Hervorhebung persönlicher Merkmale gewann immer mehr an
Bedeutung. Während der Blüte der Kaiserzeit entstanden
schließlich Charakterbildnisse von ungewöhnlicher
Ausdruckskraft.
Die christliche Kunst des frühen Mittelalters kehrte
wieder zu einer formelhaften Bildsprache zurück. Die
meist in Holz gearbeiteten Plastiken dienten wie die
Kirchenmalereien vornehmlich der Vermittlung von
Glaubensinhalten an die weitgehend analphabetische
Bevölkerung. Nur wenige Kunstwerke fanden sich außerhalb
eines religiösen Zusammenhangs. Idealisierte Bildnisse
von Königen und Adligen manifestierten deren
Herrschaftsanspruch. Während der Gotik gelangte die
Bildhauerkunst zu einer erneuten Blüte. Die Kirchen
entwickelten sich zu einem wirkmächtigen religiösen
Bilderraum, dessen prägendes Element die monumentale
Bauplastik war. Dabei entstanden nicht nur
beeindruckende Darstellungen von Heiligen, die einer
festgelegten Ikonografie folgten, sondern auch groteske
Fantasiewesen, die die Strenge der Kathedralen mit einer
Mischung aus Humor und Schrecken auflockerten.
Die neuzeitliche Bildhauerei nahm ihren Anfang im
Italien der Renaissance, wo Künstler wie
Michelangelo
scheinbar nahtlos an die römische Bildhauerkunst
anknüpften. Selbst in sakralen Räumen verloren die
Skulpturen mehr und mehr ihren religiösen Charakter und
drückten stattdessen ein ideales Menschenbild aus. Neben
Marmor kam dabei auch zunehmend Bronzeguss zur
Anwendung. Im Barock löste sich die Bildhauerei zunehmen
aus dem christlichen Rahmen und wurde zu einem höfischen
Ausdrucksmittel. Mit ähnlicher Konsequenz wurden
Plastiken im Laufe des 19. Jahrhunderts schließlich ein
Teil der bürgerlichen Gesellschaft, die mit Denkmälern
das Stadtbild zu formen begann. Mit dem Beginn der
Moderne kam es zu dem bislang größten Bruch in der
Geschichte der Bildhauerei. Die Künstler verzichteten
zunächst auf eine naturgetreue und schließlich sogar auf
eine gegenständliche Darstellung, abstrakte Formen und
eine breite Vielfalt an Materialien wurden prägend.
Handwerkliches Können trat weit hinter die künstlerische
Idee zurück. Erst über den Umweg über die Pop Art, die
in den
Sechzigern des 20. Jahrhunderts entstand, kam
wieder ein Interesse an realistisch wirkenden Plastiken
auf. Heute bestehen unterschiedlichste Stilrichtungen,
von der Objektkunst bis hin zu fotorealistischen
Skulpturen, gleichberechtigt nebeneinander.
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