Adolf Hitler Adolf Hitler in Wien

Hitler, der kurz nach dem Tod des Vaters (1903) die Realschule ohne Abschluss abgebrochen hatte (1905) und danach zwei Jahre ohne Beschäftigung bei seiner Mutter in Linz lebte, träumte von einer Karriere als Architekt oder Maler. 1907 bewarb er sich für die „Allgemeine Malerklasse“ der Wiener Akademie der Bildenden Künste um einen Studienplatz. Der nach Ansicht von Kunstexperten, die sich nach 1945 mit den Bildern und Zeichnungen Hitlers beschäftigt hatten, nicht untalentierte Hitler, überstand zwar die erste Sichtungsrunde, wurde aber nach dem zweiten Prüfungsabschnitt mit dem kleinlichen Hinweis abgelehnt, seine Zeichnungen enthalten „zu wenig Köpfe.“ Enttäuscht kehrte Hitler nach Linz zurück, um seine todkranke Mutter zu pflegen, die im Dezember 1907 starb.
Im Frühjahr 1908 kehrte Hitler nach Wien zurück, wo er sich zeitweise mit seinem Jugendfreund August Kubizek eine Wohnung teilte und sich für einen zweiten Versuch vorbereitete, an der Kunstakademie aufgenommen zu werden. Hitler war durchaus nicht mittellos. Er bezog eine Waisenrente von 25 Kronen monatlich und hatte zusätzlich Einnahmen aus dem Familienerbe väterlicherseits, so dass er mit einem relativ regelmäßigen Monatseinkommen von etwa 60 Kronen rechnen konnte, was dem Gehalt eines Postangestellten oder Junglehrers entsprach. Hitler, der persönlich ausgesprochen bescheiden lebte, gab einen Großteil seines Einkommens für Theater- und vor allem Opernbesuche aus.
Im Herbst 1908 scheiterte Hitlers zweite Bewerbung an der Kunstakademie. Für Hitler, für den eine Ausbildung in einem „Brotberuf“ nicht in Frage kam, folgte eine Zeit orientierungslosen Künstlerlebens, ohne dass er dabei zu der damals legendär lebendigen Kultur- und Bohemeszene der k.u.k. Metropole tatsächlichen Zugang bekommen hätte. Hitler verbrachte seine Wiener Jahre vor allem mit Zeichnen und Malen, insbesondere mit dem Kopieren von Wiener Stadtansichten, die er als Postkarten verkaufte und damit seine bescheidenen Einkünfte aufbesserte. Daneben las er in diesen Jahren, die er in seinem Erinnerungen als seine „Bildungsjahre“ und „Leidensjahre“ hochstilisierte, zahllose Bücher, vornehmlich mit historischen, philosophischen, soziologischen, massenpsychologischen und politischen Thematiken. Ob er tatsächlich hunderte von Büchern durchgelesen hatte oder, wie Albert Speer später behauptete, zumeist lediglich deren letzte zusammenfassende Kapitel, ist strittig. Jedenfalls eignete sich Hitler, der über ein ausgezeichnetes Gedächtnis verfügte, in seinen Wiener Jahren ein breites, wenn auch unsystematisches Allgemeinwissen an.
Hitler zog in Wien mehrmals um und lebte schließlich vom Februar 1910 bis zum Mai 1913 in einem Männerwohnheim im Stadtviertel Brigittenau. Bei diesem Heim handelte es sich nicht um ein Obdachlosenasyl, wie Hitler später dramatisierend behauptete, sondern um eine schlicht-bürgerlich gehaltene, damals moderne Kleinwohnungsanlage für Ledige.
In der Fachwelt wurde lange darüber gestritten, ob Hitler in seinen Wiener Jahren zum Antisemit geworden war. Heute wird davon ausgegangen, dass Hitler, wie mutmaßlich der Großteil seines familiären und sozialen Umfelds, bereits in seiner Schulzeit grundsätzlich den damals üblichen „sanften Antisemitismus“ des österreichischen Kleinbürgertums aufgenommen hatte, ohne einen dezidierten Judenhass entwickelt zu haben. Auch in Wien, wo er zu den jüdischen Zwischenhändlern, die seine Postkarten verkauften, freundschaftlichen Kontakt pflegte, ist kein betonter Antisemitismus erkennbar. Dagegen baute Hitler, der von Schriften, die ein obskures Germanen- und Deutschtum verherrlichten, überaus stark beeinflusst wurde, in Wien eine ausgesprochen nationalistische Grundhaltung auf, die ihre Stoßrichtung vor allem gegen die slawischen Bewohner Wiens sowie gegen die Hitlers Ansicht nach Verrat am Deutschtum begehende internationalistische Linke und multinationale Habsburger Monarchie hatte.
Um der Einberufung zum Wehrdienst des verhassten österreichisch-ungarischen Staates zu entgehen, setzte sich der gescheiterte, 24-jährige Künstler Hitler 1913 schließlich nach München ab.
Die Wiener Jahre Hitlers spielen in der biographischen Fachliteratur zumeist nur eine Randrolle. Eine Ausnahme bildet allerdings das umfangreiche und ausführliche Grundlagenwerk der renommierten österreichischen Zeithistorikerin Brigitte Hamann zu dieser Hitler-Episode, das 1996 erschienene Buch „Hitlers Wien“.

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