Die Geschichte der Atomenergie

Atomkraft, auch Kern- oder Atomenergie bezeichnet die Technologie, vermittels Kernspaltung industriell nutzbare Mengen von Energie zu erzeugen. Während diese Methode seit den 1950er Jahren genutzt wird, kann die Kernfusion, also die Verschmelzung von Atomkernen, zur Energieerzeugung noch nicht ausreichend kontrolliert werden, um sie in der Stromerzeugung anzuwenden. Die Kernspaltung findet in Atomreaktoren in Kernkraftwerken statt, außerdem fahren weit über 100 Schiffe (beispielsweise Eisbrecher) und Unterseeboote mit einem Atomkraftantrieb auf den Weltmeeren. Trotz vieler Vorteile der Atomkraft sinkt ihr Anteil an der weltweiten Energieerzeugung seit Beginn des 21. Jahrhunderts. Hierfür gibt es mehrere Gründe.
Bereits in den 1890er Jahren experimentierten Becquerel und das Ehepaar Curie mit Radioaktivität und der dabei freigesetzten Energie. 1938 konnten die Physiker Otto Hahn und Fritz Straßmann bei Uran eine Kernspaltung auslösen, im Jahr darauf lieferten Lise Meitner und Otto Frisch die Erklärung der hierbei ablaufenden Vorgänge. Nachdem nachgewiesen worden war, dass es bei der Kernspaltung zu einer Kettenreaktion kommen kann, waren die Möglichkeiten einer Nutzung dieses Prozesses offenkundig. Bereits die ersten praktischen Anwendungen der Atomkraft fanden im militärischen Bereich statt. Während des Zweiten Weltkriegs wurden in den Vereinigten Staaten und im Deutschen Reich parallel Forschungen betrieben, eine einsatztaugliche Waffentechnik auf Atomkraftbasis zu entwickeln. Das amerikanische, von Robert Oppenheimer geleitete Manhatten Projekt gelang, wohingegen die deutschen Forscher um Werner Heisenberg und Carl Friedrich von Weizsäcker keinen funktionstüchtigen Reaktor entwickeln konnten. Die erste Atombombe wurde am 16.7.1945 gezündet.
Das erste Kernkraftwerk mit einer industriell verwertbaren Energieleistung eröffnete 1954 in der Nähe von Moskau, 1955 folgte das englische Sellafield. In Deutschland wird seit 1961 (Kernkraftwerk Kahl) Atomenergie in das Stromnetz eingespeist. Erst allmählich setzten sich dabei die von den Amerikanern von Beginn an favorisierten Leichtwasser- gegenüber den Schwerwasserreaktoren durch, die von der (besonders militärischen) Forschung bevorzugt worden waren. Nach der Ölkrise 1973 entstanden vermehrt Kernkraftwerke, um die drohende Energieknappheit abzuwenden. Zugleich entwickelte sich die Anti-Atomkraft-Bewegung, die 1979 durch den Reaktorunfall im US-amerikanischen Harrisburg einen gewaltigen Aufschwung erhielt. Nach der Kernschmelze von Tschernobyl im Jahr 1986, in deren Folge weite Teile von Ost-, Mittel- und Nordeuropa mit stark erhöhten radioaktiven Werten konfrontiert wurden, sank die Akzeptanz der Atomenergie abrupt. Die Katastrophe im japanischen Fukushima, bei der es nach einem Erdbeben und nachfolgenden Tsunami im dortigen Kernkraftwerk zur Kernschmelze in drei Reaktorblöcken kam, in deren Folge eine weite Region verstrahlt wurde, verstärkte nur die Erkenntnis, dass Atomkraft heute (noch) nicht sicher erzeugt werden könne. Daraufhin beschloss die Bundesregierung, die acht ältesten Reaktoren auf deutschem Gebiet sofort stillzulegen und bis 2022 völlig aus der Nutzung dieser Energieform auszusteigen.
Die meisten anderen Industriestaaten, aber auch Schwellenländer, setzen weiterhin auf die Nutzung der Atomkraft. So bauen die Vereinigten Staaten, China, Indien oder Südkorea neue Kernkraftwerke, und auch in Japan wird Atomenergie wieder genutzt. Zum einen gilt es, die schwindenden Vorräte fossiler Energieträger zu kompensieren, zum anderen gilt Atomenergie für viele als saubere, weil emissionsfreie Energie. Abwägungen zur Sicherheit, auch in Bezug auf den menschlichen Faktor, sowie zur Notwendigkeit, Produktionsabfälle und kontaminierte Materialien und Gegenstände zwischen- und endlagern zu müssen, werden dabei sehr verschieden gewichtet.
 
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