Mode und Antimode – die Jugend war die neue
Zielgruppe
Das revolutionäre, jugendliche
Aufbegehren der gerade vergangenen 68er-Zeit,
dauerte an und hatte bis in die siebziger Jahre
hinein auch Einfluss auf das modische Geschehen.
Eine neue Generation war herangewachsen und sie
behauptete sich in allen Bereichen. In der
Bundesrepublik hatte sich die Jeanshose durchgesetzt
und war zu einem Markenzeichen der Jugend geworden.
Sie war in der DDR verpönt, jedenfalls von
staatlicher Seite. Seltsam eigentlich, dass gerade
die amerikanische Hose der Arbeiter im Arbeiter- und
Bauernstaat nicht geschätzt wurde. Der westliche
Einfluss war wohl zu deutlich. Doch die Jugendlichen
in der DDR waren von dieser Hose durchaus
begeistert. Sie war letztendlich schon Schmuck
genug,
wenn man eine
hatte. Und damit waren nicht etwa die nachgemachten
der DDR-Konfektion gemeint, sondern die echten, die
womöglich ein Verwandter aus dem Westen geschickt
hatte.
Ansonsten war die Kleidung bunter geworden und der
Modeschmuck noch vielfältiger. Das war in Ost und
West gleich. Zu Mini oder Maxi, zu den Schlaghosen
und den Midiröcken- und Kleidern waren auffallende
Gürtel gefragt. Es gab keine Vorschriften. Jeder
trug, was er für sich leisten konnte. Doch wie in
der Mode auch, hatten längst Schmuckdesigner die
jugendliche Zielgruppe mit ihrer Subkultur für sich
erkannt und bedienten mit ihren Ideen den
ausgeflippten Look der Jugend. Blumenkinder, Hippies
– sie alle trugen viel Buntes, das auch im
Schmuckdesign seinen Ausdruck fand. Bunte Glasperlen
waren als Ketten erhältlich, Muscheln wurden zu
Ketten und langen Ohrgehängen verarbeitet und mit
einem Armreifen gab sich Frau nicht mehr zufrieden.
Es mussten mehrere sein, die klirrend aus
Silberimitat das Handgelenk hörbar umspielten. Die
Halsketten waren so lang, dass sie mehrfach um den
Hals geschlungen werden konnten und dennoch bis zum
Bauchnabel reichten. Wenn sie trotzdem noch zu lang
Hippieschmuck
waren, machte man über der Brust einen Knoten in die
Kette.
Zu Schlabberpullis und Hot-Pants trugen die Mädchen
und jungen Frauen Taschen aus dem Second-Hand-Laden.
Die sogenannte Nato-Tasche war in. Die Stoffriemen
sollten dabei so lang sein, dass die Tasche lässig
in Höhe der Kniekehlen endete. Zum Schmuck gehörten
in den siebziger Jahren auch der unverzichtbare
Button mit der Aufschrift „Atomkraft – nein danke“
und das Peace-Zeichen. Politische Aussagen wurden in
Schmuckform zur Schau getragen. Ein Highlight, und
für dieses Jahrzehnt besonders charakteristisch, war
das Palästinensertuch, das mehrmals um den Hals
gewunden war. Das wurde von Jungen und Mädchen
gleichermaßen getragen. Anders ein bunter Schal, der
wegen seiner Länge im Wind flatterte, der blieb
natürlich den weiblichen Trägerinnen vorbehalten.
Politischer Protest, den junge Menschen zusätzlich
zum eigentlichen Protest in textiler Form äußerten,
hatte in den 70er Jahren zu einer Antimode geführt,
aus der die findigen Designer Ideen schöpften, um an
ihrem jungen Publikum dranbleiben zu können. Die
Jugend als eigene Zielgruppe, das war schließlich
nicht immer so gewesen. Doch die
Generationsunterschiede waren allmählich
überdeutlich geworden.
Zu den Accessoires der abendlichen Glitzermode
gehörte auch unbedingt ein Ring, groß und
auffallend. Ein Ring? Nein, es mussten mehrere sein,
möglichst ein Ring an jedem Finger. Das verursachte
bei den Eltern Unverständnis und Kopfschütteln.
Aber nicht nur schwere Gürtelschnallen und Amulette
waren typische Modeschmuck-Accessoires. Auch echter
Schmuck war wieder mehr und mehr gefragt. Gold- und
Silberketten oder Ohrhänger mit einem „Brilli“
(Brillanten) wurden gern getragen. Für die
Jugendlichen stellte der echte Schmuck keinen
untragbaren Kontrast zum Modeschmuck dar.
Auch die jungen Männer hatten nichts gegen eine
Armbanduhr mit einem schweren Edelmetallarmband
auszusetzen. Doch es war auch angesagt, eine
Taschenuhr, mitunter auch zusätzlich, zu benutzen.
Es galt als schick, sie an der Uhrkette aus der
Tasche zu ziehen. Diese Uhrkette war meist aus edlem
Metall, denn in der Regel war sie ein Erbstück.
Männlicher Schmuck war für das Äußere der Männer
auch der gepflegte Vollbart, den die jungen Männer
gern als Dreitage-Bart trugen, denn das galt in den
Augen der Älteren schon wieder als ungepflegt. Dabei
gehörte schließlich einiges Geschick dazu, ihn in
dieser Länge zu tragen und über einen längeren
Zeitraum kurz zu halten. Das äußere Highlight als
Zeichen des Protestes gegenüber der
Eltern-Generation waren die inzwischen
schulterlangen Haare, mit denen der Sohn die Eltern
garantiert zum Ausrasten brachte. Aber auch das
änderte sich wieder – schon im nächsten Jahrzehnt…
Das 20. Jahrhundert