Jacques Offenbach Lebenslauf
Wenn sein Vater mit seiner Geige herumreiste und
auftrat, sprachen die Leute vom ihm als dem
„Offenbacher“. Isaac Eberst kam ursprünglich mit
seiner Familie aus Offenbach, so war der Name ein
Sinnbild der Erinnerung, als sie die Stadt verließen
und nach Köln zogen. Sein Sohn Jacob wurde dort am
20. Juni 1819 geboren und sollte der Begründer der
Operette werden, wie sie einmalig war. Kein Wunder,
dass der Schriftsteller und Satiriker Karl Kraus
schließlich von „Offenbachiaden“ sprach, denn was
heute unter einer Operette verstanden wird, hat
wenig mit dem zu tun, was Offenbach kreierte. Seine
Stücke waren schwungvoll und eingängig, die Handlung
war frivol und satirisch, enthielt immer auch
Anspielungen auf damalige Personen, Ereignisse und
Sitten.
Den Gebrauch eines Instruments lernte der junge
Offenbach natürlich von seinem Vater. Sowohl auf der
Geige als auch auf dem Violoncello machte sich Jacob
gut, doch das Cello sagte
ihm aufgrund des dunklen, melancholischen Klangs
mehr zu. In Restaurants und Straßencafés zeigte er,
was er gelernt hatte, sein Vater schickte ihn bald
nach Paris, wo ein junger Künstler mehr aus sich
machen konnte. Jacob schrieb sich mit vierzehn
Jahren am Pariser Konservatorium ein, an dem der
italienische Komponist und von seinen Zeitgenossen
hoch geschätzte Luigi Cherubini das Sagen hatte und
Gefallen an ihm fand. Auf französischem Boden
wechselte der Name Jacob dann in Jacques.
Ein Jahr später hatte der Student genug vom
Konservatorium und versuchte stattdessen, seinen
Lebensunterhalt mit Musik zu verdienen. Schließlich
fand er eine Anstellung an der „Opéra Comique“ und
spielte im Orchester. Doch auch dort fühlte er sich
nicht am richtigen Platz, alles war traditionell und
geordnet, was dem jungen und kreativ unausgelasteten
Jacob überhaupt nicht passte. Er lernte den
Komponisten Jacques F. Halévy kennen, der in ihm die
Begeisterung für das Musiktheater weckte, und den
jungen Friedrich von Flotow, mit dem er bald in den
Pariser Salons auftrat. Die feine Gesellschaft
zeigte sich angetan von beiden Musikern, die sie so
schön mit selbst komponierten Walzer- und
Polka-Stücken unterhielten.
1848 brach in Frankreich die Revolution aus.
Offenbach hatte eine Frau kennen gelernt, sie
geheiratet, ein Kind mit ihr gezeugt und hegte und
pflegte seinen Traum, eine Oper zu schreiben, was zu
der Zeit nicht angesagt war. Die revolutionären
Umtriebe zwangen ihn, mit seiner Familie zurück nach
Deutschland zu gehen, obwohl sein Herz an Frankreich
hing.
Nachdem Napoléon III. das zweite Kaiserreich
ausgerufen hatte, die Wirren der Revolution endeten,
kehrte Offenbach nach Frankreich zurück, wo er der
musikalische Direktor der „Comédie Française“ wurde.
Zunächst geschmeichelt, dann ernüchtert, musste
Offenbach bald erkennen, dass dieses Amt nicht
beliebt war und seinem musikalischen Genie kaum
Befriedigung verschaffte.
Daher entwickelte er im Geist bereits die Idee für
ein kleines Sommertheater, das er tatsächlich ins
Leben rief und sieben Jahre lang betrieb, natürlich
unter der strengen Hand der französischen Behörden,
die ihm nicht viel Freiraum ließen.
Frivole und satirische Stücke lockten ein großes
Publikum ins Theater, Kritiker und andere
Komponisten mochten Offenbachs Aufführungen,
darunter Meyerbeer oder Rossini, während andere, wie
Richard Wagner, nur Spott für ihn übrig hatten, bis
die beiden Komponisten sich dann persönlich kennen
lernten und Freundschaft schlossen.
Der Erfolg war da, Jacques Offenbach aber war mit
seinen Stücken immer noch nicht zufrieden und gab
seinen Traum von einer Oper nicht auf. Er sehnte
sich nach einem ernsten und großen Werk, durfte für
eine Wiener Aufführung schließlich „Die Rheinnixen“
komponieren, ein zu seiner
Zeit dann fast unverdaulicher Misserfolg, da
Offenbach die Erwartungen, die man an ihn stellte,
nicht erfüllte, kein lustig frivoles Stück, sondern
ein tiefgründiges, durch E. T. A. Hoffmanns
Erzählungen angeregtes Musikstück vorlegte, das die
Zeitgenossen verwirrte.
Umso mehr Spott und Satire legte er danach in die
Aufführungen seines Theaters, in das die Leute wegen
der Operettendiva Hortense Schneider strömten, die
zu ihrer Zeit etliche Skandale erregte. Offenbach
hielt diesem Publikum mit seinen Stücken den Spiegel
vor, schreckte auch nicht davor zurück, die Politik
und das Militär zu verunglimpfen, was man ihm
nachsah, bis das zweite Kaiserreich unterging und
die schillernde Pariser Welt mit ihm. Der Geschmack
änderte sich, die Frivolität war nicht mehr gerne
gesehen. Offenbach verschuldete sich, wurde im Stich
gelassen, war selbst ein Skelett auf wackligen
Beinen.
Als letzte Hoffnung blieb das unbegrenzt an
Möglichkeiten offene Amerika. Dorthin zog es den
Komponisten und seine Stücke kamen dort, gegen alle
Erwartung, großartig an. Er erholte sich, konnte
seine Schulden bezahlen und sich schließlich erneut
an seine Komposition der Oper setzen. E. T. A.
Hoffmann inspirierte ihn, nicht nur in seiner
skurrilen Erzählwelt, sondern auch durch sein
Erscheinungsbild und skandalöses Leben. Es entstand
„Les Contes d’Hoffmann“ („Hoffmanns Erzählungen“),
das erst posthum 1881 uraufgeführt wurde.
Dieses Spätwerk sollte seine Zeit überdauern und
wurde, nach dem Stück „Carmen“ von Georges Bizet,
die meistgespielte französische Oper. Offenbach
selbst konnte den Erfolg nicht mehr genießen. Er
starb am 5. Oktober 1880 und wurde auf dem Friedhof
Montmartre in Paris begraben.