Die Heilsarmee
Die Geschichte der Heilsarmee nimmt ihren Ursprung im England des
viktorianischen Zeitalters. Das 19. Jahrhundert war nicht nur in
Großbritannien, sondern in ganz Europa von einer zunehmenden
Urbanisierung geprägt, die durch die industrielle Revolution bedingt
wurde. Wie in vielen anderen europäischen Großstädten bildete sich auch
in London und anderen Industriestädten Großbritanniens ein Proletariat
heraus, das in ärmlichsten Bedingungen in den Slums und Arbeitervierteln
leben musste. Die kärglichen Löhne, die die Arbeiter und deren Kinder in
den Fabriken erwirtschafteten, reichten kaum zum Überleben. Zudem kannte
der Kapitalismus des 19. Jahrhunderts keinerlei sozialen Absicherungen,
was bedeutete, dass viele
Menschen, die durch Krankheit oder Unfälle
arbeitsunfähig wurden, entweder in den ohnehin überfüllten Armenhäusern
Unterkunft fanden oder als Obdachlose und Kleinkriminelle Hunger leiden
mussten.
Die schrecklichen gesellschaftlichen Bedingungen brachten die Gründung
der „Salvation Army“ oder Heilsarmee durch den Pfarrer William Booth
hervor. Der in Nottingham am 10. April 1829 geborene Booth war schon in
jungen Jahren der christlichen Vereinigung der Methodisten beigetreten
und wurde im christlichen Sinne seiner Glaubensvereinigung der erste
General der „Salvation Army“.
Der 2. Juli 1865 ging als der offizielle Gründungstag der Heilsarmee in
die Geschichte ein und markierte den Beginn einer karitativen
Organisation, die sich als christliche Missionsbewegung von London
ausgehend bald in ganz England und in den nächsten Jahrzehnten
schließlich in der ganzen Welt verbreitete. Booth und seine Anhänger
begannen in London, sich gezielt für das Wohl der sozial benachteiligten
Menschen der untersten Gesellschaftsschichten einzusetzen, die die Slums
und Straßen Londons bevölkerten. So standen die Missionare der
Heilsarmee Alkoholikern, Obdachlosen, Waisenkindern und Prostituierten
bei und versorgten sie mit dem Nötigsten.
Seit dem Jahr 1886 ist die Heilsarmee auch in Deutschland vertreten und
setzt sich seither für Menschen in Not ein. Wie in vielen anderen
Ländern weltweit etablierte sich die Organisation auch in Deutschland,
Österreich und der Schweiz nach anfänglichen Schwierigkeiten in den
frühen Zwanzigerjahren des vorigen Jahrhunderts als höchst aktive
christliche Vereinigung von uniformierten Sozialarbeitern und
-arbeiterinnen, die zu einem überwiegenden Teil ehrenamtlich mitwirkten.
Der Zweite Weltkrieg bedeutete für die deutsche Heilsarmee einen harten
Rückschlag und die Verfolgung durch die Nationalsozialisten. Nach dem
Untergang des Dritten Reichs begannen Mitarbeiter der Heilsarmee mit dem
erneuten Aufbau der Organisation, die in der DDR Jahrzehnte lang
verboten wurde.
Heute ist die Heilsarmee in 175 Ländern auf der ganzen Welt aktiv und
wird von weit über 110 000 Mitarbeitern unterstützt. Zu den Tätigkeiten
der Organisation zählen die Betreuung von Waisenkindern, sozial
benachteiligten Schulkindern und deren Familien sowie von psychisch und
physisch kranken Menschen.
Die Heilsarmee beschäftigt Ärzte und medizinische Fachkräfte, die in
Spitälern und Krankenanstalten bedürftige Menschen wie AIDS-Patienten,
Behinderte, Blinde oder drogen- und alkoholkranke Menschen behandeln.
Mitarbeiter der Heilsarmee sind heute als Lehrer in Schuleinrichtungen,
als Pädagogen in Kinderheimen und in der Betreuung von Gefängnisinsassen
und ehemaligen Kriminellen, suizidgefährdeten Menschen und Obdachlosen
tätig. Auch sozial isolierte Senioren sowie Menschen in
Pflegeeinrichtungen werden von der Heilsarmee tatkräftig unterstützt.
Das soziale Engagement wird zu einem überwiegenden Teil aus
Spendengeldern und Stiftungen finanziert. Viele Menschen übernehmen
Patenschaften, um sozial benachteiligten oder elternlosen Kindern und
Jugendlichen in Ländern der Dritten Welt eine durch die Heilsarmee zur
Verfügung gestellte Schulausbildung und dadurch eine berufliche Zukunft
zu ermöglichen.
Typisch für ihre Sammelaktionen von Spendengeldern ist der Gesang
christlicher Lieder.