Biografie Woodrow Wilson

Der von 1913 bis 1921 als Präsident an der Spitze der USA stehende Woodrow Wilson war der erste Südstaatler im Weißen Haus seit 1869. Welthistorische Bedeutung hat Wilson insbesondere im Zusammenhang mit seiner Rolle in der End- und Nachphase des Ersten Weltkriegs und dem damit in Verbindung stehenden Beginn der Stellung der USA als Weltmacht gespielt.
Thomas Woodrow Wilson wurde am 28. Dezember 1856 in dem Städtchen Staunton (US-Bundesstaaten) geboren. Sein Vater, Joseph Ruggles Wilson (1822–1903), war ein aus Ohio stammender presbyterianischer, britisch-irisch-stämmiger Theologe und führender Beamter seiner Kirche. Woodrow Wilsons Mutter, Jessie Janet Wilson (1826-1888), war noch in England geboren worden. Woodrow Wilson hatte drei Geschwister und wuchs in Augusta, Georgia, auf.
Als Kind war Woodrow Wilson ein Spätentwickler, der erst mit knapp zehn Jahren lesen konnte. Später holte er diesen Rückstand aber auf und besuchte von 1875 bis 1879 das College of New Jersey, das später zur Princeton University wurde. Ein Jura-Studium an der University of Virginia in Charlottesville schloss sich an (1879–1881). 1882 erhielt Wilson die Zulassung als Anwalt. Das Juristen-Dasein füllte den vielseitig interessierten Wilson aber nicht aus. Von 1883 bis 1885 studierte Wilson, der Lehrer werden wollte, an der John Hopkins University in Baltimore Politikwissenschaften und Geschichte. 1886 promovierte er mit der Doktorarbeit „Congressional Government: A Study in American Politics“. Im Zusammenhang mit dieser Arbeit lernte Wilson Deutsch.
1885 heiratete er die Pfarrerstochter Ellen Louise Axton (1860-1914), die er bereits aus Kindertagen kannte. Das Paar bekam drei Töchter, Margaret (1886–1944), Jessie (1887–1933) und Eleanor (1889–1967). Woodrow Wilson hatte drei Enkel.
Nach einer Zeit als Dozent an der gerade ihren Lehrbetrieb aufgenommenen Frauen-Hochschule Bryn Mawr College nahe Philadelphia (1885–1888) wurde Wilson 1888 Professor für Geschichte an der Wesleyan University in Middletown, Connecticut. 1890 bekam er den Ruf als Professor für Rechts- und Staatswissenschaften an die Princeton University. Wilson erarbeitete sich dort einen Namen als ein hervorragender Wissenschaftler und fungierte von 1902 bis 1910 als Rektor.
1910 begann die politische Karriere des Gelehrten. Wilson, der den Demokraten angehörte, aber noch nie ein Partei- oder Wahlamt ausgefüllt hatte und deshalb bei vielen Wählern als integer galt, gewann die Gouverneurswahlen von New Jersey. In seinem neuen Amt profilierte sich Wilson durch Reformfreudigkeit und wurde bald als Anwärter auf die demokratische Präsidentschafts-Kandidatur gehandelt. Bei den Präsidentschaftswahlen 1912 wurde er tatsächlich von den Demokraten nominiert und traf auf die beiden Kandidaten des in zwei Lager gespaltenen Republikaner-Lagers. Er konnte Amtsverteidiger William Taft und dessen Vorgänger im Weißen Haus, Theodore Roosevelt, auf die Plätze verweisen und wurde am 4. März 1913 zum US-Präsidenten vereidigt.
Wilson hatte bei der Zusammensetzung seines Kabinetts auf die verschiedenen Strömungen in der Demokratischen Partei Rücksicht genommen. Seine Minister-Riege setzte sich sowohl aus Parteigängern der Finanz- und Wirtschaftsbosse als auch aus liberalen Reformisten zusammen. Wilsons unter der Bezeichnung „New Freedom“ kommunizierte Reformpolitik war eine moderate Mischung aus Wirtschaftslenkungsmaßnahmen, wie der Bankreform von 1913 und einem Anti-Trust-Gesetz (1914), sowie Sozialreformen.
Der im persönlichen Umgang eher spröde und häufig missionarisch auftretende, hagere Präsident hatte mit Ausnahme seines wichtigsten Beraters Edward M. House (1858–1938) kaum Freunde und Vertraute. Ein Jahr nachdem seine Frau Ellen gestorben war, heiratete Wilson ein zweites Mal: Ab Dezember 1915 war die zur Südstaten-Aristokratie gezählte Edith Bolling (18721961) First Lady. Edith Bolling war eine Multi-Ur-Enkelin der berühmten Häuptlingstochter Pocohontas, die 1614 den englischen Einwanderer John Rolfe geheiratet hatte.
Mit dem Ausbruch des Ersten Weltkriegs verlagerte sich Wilsons Politik-Schwerpunkt. Zwar sprach sich Wilson im Einvernehmen mit den meisten US-Bürgern 1914 noch eindeutig für eine neutrale Haltung der USA aus, doch wurden bereits früh vorsorgliche Maßnahmen ergriffen, um die US-Rüstung auf einen möglichen Kriegseintritt vorzubereiten. Die mittelbare Bedrohung der US-Schifffahrt durch deutsche U-Boote und vor allem die bald von der US-Wirtschaft eingenommene Stellung, Großbritannien und die anderen Staaten der Entente mit Finanzen und Exporten zu versorgen, machte die USA zum Gläubiger und zum Arsenal der Entente. Durch diese Stellung wuchs das Interesse der USA, einen Sieg der Mittelmächte zu verhindern.
In die Wahlen von 1916 ging Wilson mit dem Hinweis auf weitere soziale Reformen (Kinderarbeitsverbot, Unfallversicherung, Kreditprogramme für Kleinfarmer) sowie der Bekräftigung, die USA nicht in den Krieg hineinziehen zu lassen und sich auf internationaler Ebene für einen „Frieden ohne Sieg“ einzusetzen. Vorstöße, einen solchen Verständigungsfrieden durchzusetzen, stießen bei den Kriegsparteien 1916 allerdings nur auf wenig Widerhall. Wilson gewann die Wahlen. Der Beginn seiner zweiten Amtszeit wurde von der deutschen Erklärung des, auch US-Schiffe unmittelbar betreffenden, uneingeschränkten U-Bootskriegs (1. 2. 1917) bestimmt. Die Stimmung in den USA entwickelte sich eindeutig in Richtung Kriegseintritt. Nachdem bekannt wurde, dass Deutschland Mexiko ein gegen die USA gerichtetes Bündnisangebot gemacht hatte („Zimmermann-Depesche“) traten die USA am 6. April 1917 auf Seiten der Entente in den Krieg ein. Das materielle Übergewicht der USA trug im Ergebnis wesentlich zum militärischen Zusammenbruch der Mittelmächte im November 1918 bei.
Der bolschewistischen Revolution in Russland im Herbst 1917 stand Wilson, der der Sowjetmacht die Anerkennung versagte, ablehnend gegenüber. Am 8. Januar 1918 stellte Wilson in seiner berühmt gewordenen „14-Punkte-Rede“, die auch als Reaktion auf Lenins Friedens-Dekret formuliert war, ein auf den Prinzipien der Selbstbestimmung der Völker, der internationalen Verständigung, der Abrüstung und der Freiheit der Meere basierendes Friedensprogramm. Wilson sah sich nach dem Waffenstillstand vom 11. November 1918 in seinen Hoffnungen enttäuscht, dass die Sieger in Sinne seines 14-Punkte-Programms eine internationalistische Friedensordnung aufbauen würden. Tatsächlich waren die Intentionen der Entente-Mächte, insbesondere die Forderungen Frankreichs, wesentlich von Revanche-Gedanken bestimmt. Der von Wilson geforderte Völkerbund wurde geschaffen, allerdings als lediglich relativ kompetenzlose Nationen-Konferenz. In den USA selbst sah sich Wilson in der Defensive: Dass der US-Senat ihm 1920 die erforderliche Zweidrittel-Mehrheit für den Beitritt der USA zum Völkerbund verweigerte, war eine der schwersten Niederlagen in Wilsons politischer Laufbahn.
In den letzen Jahren seiner Präsidentschaft mit ihrer verstärkten Kommunistenhatz, einem allgemeinen Rechtsruck und den verheerenden Auswirkungen des Prohibitionsgesetzes auf die US-amerikanische Gesellschaft zeigte Wilson, der 1919/1920 wegen der weitgehend verheimlichten Folgen eines Schlaganfalls für Monate nicht amtsfähig war, nur noch so wenig liberales Profil, dass sich viele Amerikaner von den Demokraten abwandten.
Enttäuscht musste Wilson am 4. März 1921 das Weiße Haus für den zwielichtigen Republikaner Harding räumen. Am 3. Februar 1924 starb Wilson in Washington.
Trotz seines teilweisen Scheiterns war Wilson einer der großen Präsidenten der USA. Er hat die Stellung der USA als globale Hegemonialmacht unumkehrbar vorbereitet und hat mit seinen moralischen Großprojekten „New Freedom“ und „Völkerbund“ welt- und gesellschaftspolitische Maßstäbe gesetzt für Entwicklungen, die von seinen Nachfolgern, von Franklin Roosevelt bis Barack Obama, aufgegriffen worden sind.
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