Das Literaturjahr 2004 -
Die Gegenwartsliteratur lag 2004 ganz im Trend. Mit
bekannten Autoren wie Juli Zeh, Markus Werner,
Wladimir Kaminier, Martin Suter, Christoph Hein und
Elfriede Jelinek erreichte diese Sparte eine neue
und intellektuelle Dimension. Elfride Jelinek
erhielt dabei den Literaturnobelpreis für den
„musikalischen Fluss von Stimmen und Gegenstimmen in
ihren Romanen und Dramen“. Sie schaffte es, mit
sprachlicher Leidenschaft die Absurdität des Lebens
darzustellen und auch unterschwellig soziale
Klischees zu enthüllen.
Die Schriftstellerin zeigte sich überrascht und
wollte den Preis nicht persönlich entgegennehmen.
Sie sprach davon, dass sie sich nicht dafür eigne,
in die Öffentlichkeit gezerrt zu werden, sie sei
zwar nicht körperlich geschwächt, jedoch psychisch
nicht in der Lage, sich einem solchen Geschehen zu
stellen. Für Jelinek war die Auszeichnung mehr eine
Last als eine Freude, während andere, einschließlich
des Kritikers Reich-Ranickis, die Entscheidung der
Schwedischen Akademie beklatschten. In ihren Romanen
ging es häufig um Gewaltverhältnisse und schlecht
verteilte Rollen zwischen Männern und Frauen, auch
um krankhafte Züge und Wahn, sexuelle Ausbeutung und
Machtmissbrauch. Eines der bekanntesten Bücher war
„Die Klavierspielerin“. 2004 erschien „Bambiland“.
Markus Werners Buch „Am Hang“ erreichte 2004 ein
großes Publikum und berichtete von zwei Fremden, die
einander begegnen und die am Ende dann doch mehr
verbindet, als sie zuvor angenommen haben. Das Buch
beschreibt ein Duell verschiedener Lebenskonzepte.
Der Misanthrop und Zyniker steht der nach Erfolg
strebenden und oberflächlichen jüngeren Generation
gegenüber. Dabei fielen das hohe Sprachbewusstsein
und die Gestaltungskunst Werners auf, der mit
offenen Bereichen und Anspielungen arbeitete. Das
wiederum ermöglichte dem Leser viel Denkfreiraum.
Von Martin Suter erschien 2004 „Lila, Lila“. Dieses
Buch war nicht nur eine raffiniert konstruierte
Liebesgeschichte, sondern gleichzeitig auch eine
Abrechnung mit dem Literaturbetrieb. Christoph Hein
brachte „Landnahme“ heraus und erzählte darin die
Lebensgeschichte eines schlesischen Aussiedlers in
der Zeit nach dem Krieg und bis zur deutschen
Wiedervereinigung. Und vom Radikalpoeten Kaminer
erschienen die satirischen Erzählungen im Band „Ich
mache mir Sorgen, Mama“. Juli Zeh veröffentliche
„Spieltrieb“ über frühreife intellektuelle
Außenseiter und eine brisante Dreiecksbeziehung.
„Der Schwarm“ von
Frank
Schätzing wurde 2004 zum Bestseller und war groß
aufbereitet und pyramidenartig gestapelt neben Dan
Browns „Sakrileg“ in jedem Buchladen zu haben. Er
wurde zum erfolgreichsten Roman des Schriftstellers
und überzeugte nicht nur durch das schön gestaltete
Buchcover mit der blauen Iris und Pupille auf
schwarzem Grund. Hierbei handelte es sich um einen
Science-Fiction-Thriller, in dem die Menschheit
durch eine intelligente und unbekannte Lebensform
bedroht wird. Schätzing gestaltete sein Werk als
Montageroman, so dass der Handlungsablauf wie in
einem Film erfolgte, dennoch chronologisch war. Der
Roman kam als Hörbuch und Film heraus und erhielt
etliche Auszeichnungen. Ähnlich viel Aufsehen
erregte der Debütroman „Chaos“ von David Mitchell,
der dem Autor den Weg in die weltweite Bekanntheit
ebnete.
Mit der „Stadt der Sehenden“ legte Jose Saramago
2004 das Gegenstück zu seinem Erfolgswerk „Die Stadt
der Blinden“ vor, das jedoch nicht den Erfolg des
anderen Romans verbuchen konnte. Es war als Kritik
an den westlich politischen Institutionen gedacht
und hinterfragte die Legitimation der modernen und
brüchigen Demokratie. Im Buch erscheinen auch
Protagonisten aus der „Stadt der Blinden“, die hier
die Rolle der Ausständigen übernehmen. Einen
konkreten Zusammenhang gab es jedoch nicht.
Gestorben sind 2004 wunderbare Schriftsteller wie
Robert Merle, Hanns Cibulka, Francoise Sagan oder
Czeslaw Milosz. Merle schrieb Bücher, die Realität
und Fantasie vermischten. „Hinter Glas“ oder „Der
Tod ist mein Beruf“ spielten vor einem realen
Hintergrund. Großartige Werke wie „Malevil“ oder
„Die geschützten Männer“ waren
Science-Fiction-Romane, die dennoch bestimmte
Klischees analysierten und auf die Schippe nahmen.
Auch schrieb Merle eine Saga, bestehend aus 13
Bänden über
die Geschichte Frankreichs. Er starb,
bevor er den letzten 14. Teil beenden konnte.
Der DDR-Autor und „Geheimtipp“ Hanns Cibulka
hinterließ die wohl schönsten Tage- und Reisebücher
der deutschen Literaturgeschichte. In ihnen klingt
der Lyriker genauso durch wie der Denker. Die Prosa,
die Cibulka schrieb, war ebenfalls eine Vermischung
aus fiktiven und realen Tagebucheindrücken und
beeindruckte durch ihre poetisch philosophische
Tiefe, so wie „Das Buch Ruth“ oder „Die Heimkehr der
verratenen Söhne“.
Sagan starb verarmt, auch wenn ihr Buch „Bonjour
Tristesse“ sie zuvor wohlhabend gemacht hatte und
eine weltweite Leserschaft erreichte. Sie schrieb
das Buch in nur sieben Wochen und traf mit der
Geschichte der 17-jährigen Cecile, die versucht, den
Vater und seine Geliebte auseinanderzubringen, den
Nerv einer ganzen Generation. Sagan erlitt 1957
einen schweren Autounfall und geriet durch die
daraus resultierenden Schmerzen in eine Abhängigkeit
von Morphium und anderen Drogen. Wegen verschiedener
Delikte und Steuerhinterziehung erhielt sie hohe
Geldstrafen und Bewährungsauflagen, die sie den
eigenen Grundbesitz kosteten. Sie starb mit 69
Jahren.
Der Pole Milosz, der den Literaturnobelpreis 1980
erhielt, schuf Werke wie „Das Tal der Issa“, das
viele andere Schriftsteller lobten. Er lebte in
Paris, wo er politisches Asyl erhielt, als ihm in
Polen der Pass entzogen wurde. Während des Zweiten
Weltkriegs arbeitete Milosz im Untergrund und half
jüdischen Mitmenschen bei der Flucht. In Frankreich
missfiel ihm die Kaste der Intelligentsia. Dadurch
entstand das Buch „Verführtes Denken“, das als eine
Art Schlüsselroman galt und verborgene Kritik an
ganz bestimmten Persönlichkeiten des
Schriftstellerkreises übte.
Buch Bestseller 2004 Deutschland
Joanne K. Rowling – Harry Potter und der Orden des
Phönix
Robert Harris – Pompeji
Dan Brown – Sakrileg
Donna Leon – Verschwiegene Kanäle
Frank Schätzing – Der Schwarm
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