1900
1901
1902
1903
1904
1905
1906
1907
1908
1909
Das Sportjahr 1902 - Die erste Ibrox-Katastrophe
Ringen
Gerade diese Sportart, in der ein intensiver
Ganzkörpereinsatz gefragt ist, wurde zum Beginn
der Jahrhundertwende immer populärer. Das war
nicht verwunderlich, denn schließlich gehörte
Ringen schon in der Antike zu den olympischen
Disziplinen und war auch bei der ersten
Olympiade der Neuzeit, die 1896 in Athen
ausgetragen wurde, wieder mit dabei.
Als in
dieser Disziplin jedoch im Jahr 1900 bei den
Olympischen Spielen keine Ringer-Wettkämpfe
stattgefunden hatten, war die Rede von einer
Einmaligkeit in der olympischen Sportgeschichte.
Ringen blieb aber beliebt, wenngleich das Ringen
erst in den 1880er Jahren in Deutschland eine
immer größere Anhängerschar bekam.
Ausschlaggebend dafür war der Sieg des
gebürtigen Hamburgers Carl Abs (1851-1895), der
im Mai 1884 gegen William Muldoon (1852-1933)
den ersten Profi-Weltmeistertitel gewann. Die
Hanseaten und letztendlich das ganze
sportbegeisterte Deutschland waren hingerissen
und nahmen von da an zunehmend Anteil am Ringen.
Der im estländischen Dorpat geborene Ringer
Georg Hackenschmidt (1878-1968), der im Jahr
zuvor die Bezeichnung „Russischer Löwe“ bekam,
als er nach kurzer Zeit seinen Gegner, den
Belgier Constant Le Boucher (1877-1961) besiegt
hatte und damit zum inoffizielle Weltmeister
gekürt wurde, konnte seinen Titel am 1. Januar
1902 in Paris erfolgreich verteidigen.
Allerdings war ihm nach einem dreistündigen
Revanche-Kampf nur ein Unentschieden gelungen.
Die Regelung, dass nur ein Schultersieg für den
Gewinn entscheidend sein sollte, wurde zu diesem
Zeitpunkt erst getroffen. Hackenschmidt konnte
seinen Weltmeistertitel also behalten.
Im Jahr 1902 gab es auch eine so genannte
Inoffizielle Europameisterschaft im Ringen. Sie
fand am 4. Januar 1902 in Den Haag statt. Hier
konnte der Däne Hans-Heinrich Egeberg
(1877-Todesjahr unbekannt) den ersten Platz
belegen, gefolgt von zwei Niederländern. Im
selben Jahr war Egeberg zum zweiten Mal auch
Dänischer Meister geworden.
Der Stil im Ringen war zu jener Zeit
ausschließlich der griechisch-römische Stil.
Schwimmen
Der Brite John Arthur Jarvis (1872-1933) vom
Leicester Swimming Club galt als überragendes
Talent im Schwimmen. Wassersport jeder Art war
seine Berufung, vor allem aber auch die stete
Weiterentwicklung der einzelnen Schwimmstile.
Er konnte bereits im Jahr 1900 bei den 2.
Olympischen Spielen der Neuzeit in Paris zwei
Goldmedaillen gewinnen. Er schwamm über 1000
Meter und über 4000 Meter und holte sich über
diese Distanzen jeweils einen Olympia-Sieg. In
diesem Jahr trat er in Wien beim Internationalen
Schwimm-Meeting mit einem neuen Schwimmstil an
und gewann den Wettkampf am 8. August 1902.
Jarvis war allen anderen Konkurrenten mit großem
Abstand davongeschwommen.
Gemeinsam mit dem damaligen
Weltklasse-Schwimmer, seinem Landsmann Joey
Nutall (1869-1942), der seit 1888 in der
Profiliga schwamm, hatte er einen besonderen
Beinschlag entwickelt, der als
Jarvis-Nutall-Kick bezeichnet wurde. Jarvis
vervollkommnete diesen Stil mit einem
Hand-Überschlag und gewann 1902 mit dieser Art
des Schwimmens auch den „Kaiserpreis“in Berlin.
Zu jener Zeit bezeichnet man diese
Freistil-Schwimmart, die größere
Geschwindigkeiten als das Brustschwimmen zuließ,
als „Crawl“-Stil.
Jarvis hatte im Jahr 1902 bereits ein Buch
veröffentlicht („The Art of Swimming“), in dem
er sich theoretisch mit den Schwimmarten
befasste. Er machte sich auch einen Namen durch
seine Aktivitäten in der Weiterentwicklung der
Wasserrettungs-Techniken.
Lange nach seinem Tod wurde Jarvis ein Platz in
der Ruhmeshalle des Internationalen
Schwimmsports zuteil.
Skisport
Berge laden zum Skifahren ein. Das war nicht
immer so. Lange herrschte Ruhe in den Alpen, bis
etwa um die Wende vom 19. zum 20. Jahrhundert in
der Schweiz die Wintersportmöglichkeiten
entdeckt wurden. Das war der Beginn des alpinen
Skisports. Die steilen Abfahrten erforderten Mut
und Können, aber vor allem gute Skier. Und – sie
waren eine Herausforderung.
Ab etwa 1870 begann in den Gebirgsgegenden die
Gründung von Skivereinen. In Deutschland wurden
sogar erste Skirennen veranstaltet. Der Sport,
den die Norweger schon lange kannten, hatte
seinen Weg in die europäischen Bergregionen
gefunden.
In der Schweiz wurde im Jahr 1893 der erste
Skiverein gegründet und 1901 begann eine
richtige Wintersportsaison, die von englischen
Gästen absolviert wurde. Schon 1902 – wobei
diese Jahresangabe ein eventuell differieren
kann – fand das „Erste Schweizerische Skirennen“
statt. Hier, auf dem Gurten, dem Hausberg vor
den Toren Berns, konnte der aus Sachsen
stammende Heinrich von Dieskau am 16. Februar
1902 als Sieger hervorgehen.
Automobilsport
Guido Adami war ein italienischer
Ingenieur, der
sich mit dem Entwerfen von Automotoren befasste,
aber auch selbst Rennen fuhr. Die kleine
Autofirma Adami & C. in Florenz wurde von ihm im
Jahre 1901 gegründet. Sie war anfangs eine
Reparaturwerkstatt, aus der schließlich die
Firma hervorging. Das einzige Modell, das bei
Adami & C. jemals produziert wurde, war der „Adami
Rodini“, ein Wagen mit einem 10-PS-Motor, für
den Adami als Konstrukteur selbst verantwortlich
zeichnete. Im selben Jahr gewann er damit den
Italiencup.
Im Folgejahr 1902 stellte Adami seinen Rondini
auf dem „Turiner Autosalon“ (Salone
dell’automobile di Torino) vor, einer damals
schon weltweit beachteten Ausstellung für Autos,
die offiziell im April des Jahres 1900 erstmals
veranstaltet worden war und als Fahrzeugmesse
vor allem den italienischen Autoherstellern
ebenso wie den Karosseriebauern diente, um neue
Fahrzeuge, Prototypen und Ideen öffentlich zu
machen. Diese Ausstellung findet heute noch
statt, wird aber inzwischen auch von
internationalen Herstellern genutzt.
Als der rennfahrende Konstrukteur Guido Adami
1902 seinen Rondini vorstellte, gewann er auf
dieser Messe eine Goldmedaille.
Adamis kleine Firma hatte dennoch nur einen
kurzen Fortbestand. Es gab sie noch bis 1906 und
der Rondini war das einzige produzierte Modell.
Fußball - Die Ibrox-Katastrophe
Das Heimatstadion des schottischen Fußballclubs
Glasgow Rangers, der 1873 gegründet wurde, war
der Ibrox Park. Diese Spielstätte wurde erst
1997 in „Ibrox Stadium“ umbenannt.
Als das Stadion neu war, die Rangers dort 1887
zu ihrem ersten Spiel antraten, hatten 15.000
Zuschauer Platz. Wenige Jahre später, im Jahr
1899 zog man um und an der neuen Stelle und nach
einer finanzschweren Investition konnten nun
75.000 Menschen den Spielen beiwohnen.
Diese berühmte Glasgower Fußballstätte, die
heute von der UEFA mit „fünf Sternen“ bedacht
ist, kam 1902 durch ein tragisches Ereignis
erstmals in die Schlagzeilen. Die Rede ist von
der ersten Ibrox-Katastrophe.
Es war ein Prestige-Spiel, das damals zwischen
Englang und Schottland ausgetragen wurde. Das
Stadion war ausverkauft und auch auf der
neugebauten, hölzernen Tribüne, die mit
Stahlgittern verstärkt worden war, war kein
Platz mehr frei. Die Regengüsse des Vortages
hatte ganz sicher dazu beigetragen, dass das
Unglück geschah. Die neue West-Tribüne hielt der
enormen Last der Besucher nicht stand. Sie brach
zusammen. Die Menschen stürzten fast zwölf Meter
unrettbar in die Tiefe. Mehr als 500 Verletzte
und 25 Tote waren zu beklagen. Es waren zu jenem
Zeitpunkt 51 Spielminuten vergangen. Beide
Vereine waren sich einig und das Spiel wurde für
ungültig erklärt. Wenige Tage später war eine
Wiederholung dieses Unglücksspiels angesetzt.
Diesmal fand es in Birmingham statt, im Aston
Lower Grounds, dem Heimstadion des
Fußballvereins Aston Villa. Heute heißt das
Elitestadion Villa Park. Die Einnahmen aus dem
Wiederholungsspiel gingen ausnahmslos an die
Angehörigen der Opfer der Ibrox-Katastrophe.
Nach diesem Unglück wurde die Platzkapazität
umgehend auf 25.000 anstatt der bisherigen
75.000 verringert. Anschließend wurde das
Stadion nach neuen Plänen umgebaut. Es wurde ein
ovales Stadion daraus mit einem Fassungsvermögen
für 63.000 Menschen. Als der
Erste Weltkrieg
vorüber war, wurde die Kapazität noch einmal auf
80.000 erhöht. Die Spiele der Glasgow Rangers
zogen allerdings so viele Besucher in ihren
Bann, dass das Stadion nicht selten überfüllt
war, sich oft sogar bis zu 120.000 Zuschauer
darin drängelten. Die nächsten Unglücke blieben
nicht aus. 1961 und
1971 war das Stadion wegen
erneuter Katastrophen mit Toten und Verletzten
in aller Munde. Nach 1971 wurde dann eine
vollständige Renovierung und Sanierung des
Stadions vorgenommen.
Heute hat das Ibrox-Stadium 52.082
ausschließlich Sitzplätze und entspricht allen
modernen Sicherheitsstandards. Dass es sich
offiziell „Fünfsterne-Stadion“ nennen darf,
zeigt immerhin, dass aus den Fehlern gelernt
wurde.
Fußball – Vereinsgründung
Der Fußballsport, der sich bereits über Europa
ausgebreitet hatte, fand auch zum Ende des 19.
Jahrhunderts immer mehr Anhänger in Spanien. Bis
zum Jahr 1897 hatte es aber nur einen kleinen
Verein gegeben („Football Sky“), der diesen
modernen Sport betrieb, der aus England gekommen
war. In jenem Jahr trennten sich einige Spieler
von ihrem Verein. Sie nannten sich fortan
„Madrid Foot Ball Club“ und spielten mehr oder
minder organisiert auf Plätzen, die sich gerade
anboten. Das waren meist Hinterhöfe oder Wiesen.
Diese Spieler, zu denen sich schnell mehr
gesellten, legten damit die Grundlagen für einen
der größten und renommiertesten Fußballclubs der
Welt – Real Madrid.
Den Namen kennt heute jeder. Die Namen der
Gründungspioniere dieses weltberühmten
Fußballvereins sind im Dunkel der Geschichte
verschwunden. Nur Insider wissen, es waren José
de Gorostizaga, Manuel Mendía, Antonio Neyra,
Afolfo Meléndez, Julián Palacios und die Brüder
Juan und Carlos Padrós, die den 6. März 1902 als
offiziellen Geburtstag dieses Vereins
ermöglichten, denn an diesem Tag ließen sie ihre
Fußballvereinigung „Madrid Foot Ball Club“
amtlich registrieren.
Drei Tage später, am 9. März 1902, sahen die
spanischen Zuschauer in Madrid das erste Spiel.
Zwei Mannschaften des Clubs waren angetreten und
die besten von ihnen sollte in die erste
Mannschaft übernommen werden.
Am 22. März 1902 wurden die Regeln für einen
richtigen Spielverlauf öffentlich bekannt
gegeben, die Mister Arthur Johnson zu Papier
gebracht hatte, der auch gleichsam als erster
Trainer fungierte. Der Engländer brachte System
in den spanischen Fußball und bereits am 13. Mai
1902 wurde ein Spiel zwischen Madrid und
Barcelona ausgetragen.
Die Reihe der eingespielten Siege und Pokale
wurde im Laufe der Jahre immer länger. Was 1902
begann, wurde zwei Jahre später schon die
offizielle Landesvertretung Spaniens im Fußball
und sollte nach mehr als 100 Jahren einen der
berühmtesten Namen inne haben.
<<
Sportjahr 1901
|
Sportjahr 1903 >>