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1909
Filmjahr 1909
– Komödie mit Torte und Kino-Knigge
Das Filmjahr begann mit einem Dokumentarfilm. Das
Ereignis „Besuch des englischen Königspaares am 9.
Februar 1909“ wurde filmisch festgehalten. Nachdem
der Film umgehend entwickelt wurde und die Zensur
positiv ausgefallen war, wurde der Streifen mit
dokumentarisch-historischem Inhalt schon am selben
Tag in den Berliner Kinos gezeigt.
In dieser
deutschen Stummfilmreportage wurden bewegliche
Bilder vom Besuch König Edwards VII. (1841-1910) und
seiner Gemahlin Alexandra von Dänemark (1844-1925)
vorgeführt. Die Produktion von der „Internationalen
Kinematographen- und Lichteffekt GmbH Berlin“ wurde
in einem Akt gedreht. Frank Mletzko und sein
Assistent Carl Drews (1894-1983) waren bei diesem
Film die Kameramänner.
Im September desselben Jahres entstand in Österreich
die erste Dokumentarfilmaufnahme, die exakt
datierbar war. Die „Photobrom G.m.b.H.“ filmte
zwischen dem 8. und 11. September „Die Kaisermanöver
in Mähren“. Der Film zeigt den österreichischen
Kaiser Franz-Joseph in Aktion mit seinem deutschen
Kollegen Kaiser Wilhelm II. Der Film war die einzige
Produktion dieser Firma geblieben.
Am 12. Mai 1909 kam in den USA ein Film zur
Uraufführung, der als erste Komödie in die
Filmgeschichte einging – „Mr. Flip“. Regie hatte
Gilbert M. Anderson (1880-1971). Die Hauptrolle in
dem Vier-Minuten-Film spielte Ben Turpin
(1869-1940), der allein schon mit seinem Aussehen
für Heiterkeit sorgte. Turpin hatte ein stark
schielendes rechtes Auge und einen buschigen
Schnurrbart in seinem markanten Gesicht. In „Mr.
Flip“ wurde zum ersten Mal der Tortenwurf-Gag
gezeigt. Allerdings wurde die Torte noch nicht
geworfen. Sie wurde in Turpins Gesicht gehalten. Die
Produktion des Films hatte die „Essanay Film
Manufacturing Company“ übernommen. Die Handlung war
überschaubar. Mr. Flip, der mit mehreren Damen
anbandelte, sie zu küssen versuchte, erhielt dafür
jedes Mal eine Abfuhr und auch einen Stich in den
Hintern. Als er seinen Versuch bei einer
Backwaren-Verkäuferin wiederholt, antwortet diese
ihm unmissverständlich mit einer Torte. Diesem Film
mit Ben Turpin folgten noch zahlreiche andere, in
denen er jedes Mal die Zuschauer mit seinem
komödiantischen Gesicht und seinem Aussehen
begeisterte. Insgesamt spielte Turpin in mehr als
200 Filmen mit und erreichte in den 1920er Jahren
seinen künstlerischen Höhepunkt, obwohl er zu jener
Zeit bereits älter war als alle anderen Starkomiker.
Ebenfalls eine Komödie drehte David Wark Griffith
(1875-1948). Griffith, der im Vorjahr sein Debüt als
Schauspieler und gleichsam als Regisseur in dem
fünfminütigen Film „Rescued from an Eagle’s Nest“
gegeben hatte, hatte für die Komödie von 1909, „Those
Awful Hats“, auch das Drehbuch geschrieben. Die
Hauptrolle spielte Mack Sennett (1880-1960). Der
3-Minuten-Film war eine Art Knigge für Kinogänger.
Er war einer der ersten Filme, die über das
Verhalten eines Kinobesuchers informierten. Er
erklärte die typischen Störfaktoren wie
beispielsweise große Hüte. Wie man sich im Kino
benimmt, ist heute nicht viel anders. Nur die
Störfaktoren haben sich geändert. Statt der Hüte
sind es heute die Handys, die stören.
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