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Chronik 1608 - Der Beginn der Weitsicht – das erste Fernrohr

Im April wurde der Reichstag in Regensburg ohne Reichsabschied beendet. Die Streitigkeiten über das Kreuz- und Fahnengefecht – so gingen die gewalttätigen Auseinandersetzungen zwischen Katholiken und Protestanten in der damals Freien Reichsstadt Donauwörth namentlich in die Geschichte ein – sowie die nachfolgende rechtswidrige Rekatholisierung Donauwörths, legten das letzte Reichsorgan im Heiligen Römischen Reich außer Gefecht. In diesem Reichstag ohne Reichsabschied lag eine bedeutende Ursache für den einige Jahre später ausbrechenden Dreißigjährigen Krieg. Doch schon Anfang Mai des Jahres 1608 kamen auf Einladung des Ansbacher Markgrafen Joachim Ernst (1583-1625) aus ganz Süddeutschland protestantische Fürsten nach Auhausen, um dort, in der Nähe von Donauwörth, eine Tagung abzuhalten, auf der sie fünf Tage lang berieten. Im selben Monat gründeten acht protestantische Reichsfürsten und 17 protestantische Städte die „Protestantische Union“. Zu den Gründungsmitgliedern gehörten die Pfalz, Ansbach, Kulmbach, Baden-Durlach und Pfalz-Neuburg. Derweil hatte Russland andere Sorgen. Die Gefolgsleute um den zweiten, falschen Dimitri hatten sich – ebenfalls im Mai – den Weg in Richtung Moskau freigekämpft, hatten die zweitägige Schlacht bei Bolchow gemeistert, waren über Kozelsk, Kaluga, Moschaisk und Swenigorod weitermarschiert und erschienen tatsächlich vor Moskau. Sie hatten eine Gegenregierung zum Zaren gebildet, hatten Tusino zu ihrer Residenz gemacht, von der aus sie Moskau traktierten und ließen es sich bei prachtvoller Hofhaltung gutgehen. Diese Nebenregierung zum Zaren hatte sogar einen eigenen Verwaltungsbereich. Außerdem unterstanden ihr einzelne kleinere Gebiete und zu allem Unglück oder zur Freude des falschen Dimitri II. erkannte ihn seine vermeintliche Gemahlin. Oder sie wollte ihn erkennen, weil sie den Tod ihres ersten falschen Dimitri nicht wahrhaben wollte. Jedenfalls konnte der Gegenspieler des Zaren fast ein Jahr lang Hof halten. Man musste nicht viel Weitblick haben, um absehen zu können, dass das auf Dauer nicht gut gehen konnte. Den größten Weitblick in jenem Jahr aber hatte der deutsch-niederländische Brillenmacher der Republik der Sieben Vereinigten Niederland, Hans Lipperhey (1570-1619). Er hatte im Oktober dem Rat von Zeeland das erste Fernrohr, ein Instrument zum Sehen in die Ferne, angeboten. Unglücklicherweise bekam er kein Patent, da sich bereits – unabhängig voneinander – mehrere Brillenmacher und Linsenschleifer darauf verstanden, ein solches Gerät zu bauen. Lipperhey jedoch bekam den offiziellen Auftrag, es zu anzufertigen. Und dieses Fernrohr verbreitete sich rasend schnell in Europa.
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