Biografie Willy Brandt Lebenslauf
Willy Brandt war nicht nur der
vierte Bundeskanzler der Bundesrepublik Deutschland,
sondern auch der vierte Deutsche, dem der
Friedensnobelpreis verliehen wurde.
Geboren wurde er
am
18. Dezember 1913 als Herbert Ernst Karl
Frahm in Lübeck. Durch den Einfluss seines
Großvaters wuchs er sozusagen in die SPD hinein, für
die er schon als Jugendlicher politische
Zeitungsartikel verfasste, so dass diese ihn 1930
auf Empfehlung seines Chefredakteurs Julius Leber
als Mitglied aufnahm.
Doch schon im Jahr darauf wechselte er zur weiter
links stehenden, aus der SPD hervorgegangenen
Sozialistischen Arbeiterpartei (SAP), in deren
Auftrag er nach Hitlers Machtergreifung im
März 1933 nach Oslo
ging, um eine Außenstelle der Partei aufzubauen.
Hierfür gab er sich den Decknamen Willy Brandt.
Den Spanischen Bürgerkrieg erlebte er
1937 als
Berichterstatter. Nachdem ihn
1938 das Deutsche
Reich formell ausgebürgert hatte, verstärkte er
seine Bemühungen um die norwegische
Staatsbürgerschaft.
Er arbeitete als Journalist und
trat den Wehrdienst in der norwegischen Armee an.
Als das Land 1940 von der Wehrmacht besetzt wurde,
geriet er in Kriegsgefangenschaft, blieb jedoch
unerkannt und wurde bald wieder freigelassen. Er
ging nach Stockholm, wo er sich neben seiner
Pressetätigkeit im Rahmen der "Kleinen
Internationale" für eine Wiederannäherung zwischen
SAP und SPD engagierte. Um zu zeigen, wie ernst es
ihm dabei war, trat er wieder der
SPD bei.
Nach Kriegsende berichtete er für die skandinavische
Presse von den Nürnberger Kriegsverbrecherprozessen.
Auf Vorschlag des norwegischen Außenministers wurde
er Presseattaché der norwegischen Militärmission in
Berlin, von wo aus er über die Entwicklung des vor
kurzem begonnenen Kalten Krieges berichten sollte.
Dort machte er den bisherigen Decknamen Willy Brandt
zu seinem bürgerlichen Namen, nachdem ihm wieder die
deutsche Staatsangehörigkeit zuerkannt worden war.
Ab 1949 saß er für die SPD im Bundestag. In Berlin
hatte er sich während der 1948er Blockade einen
Namen machen können, und 1957 wurde er dort zum
Regierenden Bürgermeister gewählt. Im Zuge der
Berlin-Krise im Vorfeld des Mauerbaus profilierte er
sich als wortgewaltiger Verteidiger demokratischer
Werte, wodurch er in der westlichen Welt große
Sympathien gewann.
1961 kandidierte er erstmals für
das Amt des Bundeskanzlers.
Sein Gegenkandidat
Konrad Adenauer
hielt Brandt für einen so gefährlichen Konkurrenten,
dass er sich gar genötigt sah, in öffentlichen Reden
indirekt auf dessen uneheliche Geburt anzuspielen.
Auch seine Emigration nach Norwegen wurde
thematisiert, um ihm Vaterlandsverrat vorzuwerfen.
Nach Erich Ollenhauers Tod wählte ihn die SPD 1964
zu ihrem Bundesvorsitzenden. Diesen Posten behielt
er für 23 Jahre - die längste Amtszeit eines
sozialdemokratischen Parteivorsitzenden seit den
Tagen Ferdinand Lassalles.
Als der Kanzlerkandidat der
CDU,
Kurt Georg
Kiesinger, der SPD 1966 eine Zusammenarbeit
auf Regierungsebene anbot, willigte Brandt ein,
legte das Amt des Regierenden Bürgermeisters von
Berlin nieder und wurde in Bonn Außenminister und
Vizekanzler. Es dauerte weitere drei Jahre, bis die
FDP sich für eine sozialliberale Koalition bereit
fand.
1969 wählte ihn der Bundestag zum
Bundeskanzler.
Das Hauptmerkmal seiner Amtszeit war die auf "Wandel
durch Annäherung" ausgerichtete Ostpolitik, deren
symbolträchtigste Geste Brandts Kniefall vor dem
Mahnmal des 1943 niedergeschlagenen Warschauer
Ghetto-Aufstandes darstellt.
Dass er an jenem
7. Dezember 1970 außerdem durch die
Unterzeichnung des Warschauer Vertrages die
Westgrenze Polens als verbindlich anerkannte,
brachte ihm - wieder einmal - den Vorwurf des
Verrats ein. Andererseits wurde ihm für seine
Verdienste um die Versöhnung zwischen Deutschland
und Polen
1971 der
Friedensnobelpreis zuerkannt.
Bis heute ist es eine Streitfrage unter Politikern
und Historikern, ob Brandts Politik die
demokratischen Kräfte in den Ostblockstaaten und
speziell der DDR eher gestärkt oder geschwächt hat.
Naturgemäß hängt die Antwort darauf zumeist von der
politischen Einstellung dessen ab, dem man diese
Frage stellt.
1972 überstand Willy Brandt ein Misstrauensvotum,
strebte aber wegen seiner sehr knappen Mehrheit im
Parlament Neuwahlen an. Da zwei Jahre zuvor das
Mindestwahlalter von einundzwanzig auf achtzehn
Jahre gesenkt worden war, konnte die SPD die für sie
günstige Stimmung bei der Jugend voll ausschöpfen.
Die Wahl geriet zum Triumph - und zum Startpunkt
einer glücklosen zweiten Amtszeit.
Einen unangenehmen Wermutstropfen bescherten dem
Kanzler im Untergrund tätige politische Aktivisten,
die sich seit den späten Sechzigern zunehmend
radikalisiert und über ihren Theorien über das
Wiedererstarken des Faschismus die Realität aus den
Augen verloren hatten.
Die
RAF
sorgte für Verunsicherung. Zudem war die NPD in
mehreren Landesparlamenten vertreten. All dem setzte
die Regierung
1972 unter anderem - zu Brandts
späterem Bedauern - den Radikalenerlass entgegen,
der Extremisten vom Staatsdienst fernhalten sollte.
Nochmals konnte er ein politisches Zeichen setzen,
als er Mitte
1973 Israel besuchte - als erster
Bundeskanzler der BRD, obwohl
Ludwig Erhard
bereits 1965 diplomatische Beziehungen zum jüdischen
Staat aufgenommen hatte.
Nachdem Israel im Rahmen des Jom-Kippur-Krieges
einen arabischen Angriff zurückgeschlagen hatte,
schwächte Ende 1973 die Ölkrise die Weltwirtschaft.
Dies wirkte sich auch auf die deutsche Konjunktur
aus.
Als
1974 mit Günter Guillaume einer der engsten
Mitarbeiter Brandts als Agent des
Staatssicherheitsdienstes der DDR enttarnt wurde,
blieb dem Kanzler kein Handlungsspielraum mehr.
Innenpolitisch ohnehin schwer angeschlagen und auch
von Teilen seiner Partei nicht mehr ernst genommen
(der ewige Grantler Herbert Wehner hatte schon
früher halboffiziell gespöttelt: "Der Herr badet
gern lau"), bot er der Opposition nun allzu viel
Angriffsfläche, um noch weiter regieren zu können.
Am
6. Mai erklärte er seinen Rücktritt.
1976 übernahm er den Vorsitz der Sozialistischen
Internationale, im Jahr darauf leitete er die
Nord-Süd-Kommission, die sich internationalen
Entwicklungsfragen widmete.
Nach der Wiedervereinigung konnte er "seinem" Berlin
einen weiteren Dienst erweisen: Auf Brandts
Initiative hin wurde mit knapper Bundestagsmehrheit
beschlossen, den Regierungssitz an die Spree zu
verlegen. Am 23. März
1987
erklärt
er aufgrund von parteiinternen
Streitigkeiten seinen Rücktritt als
Parteivorsitzender der SPD.
Am 8. Oktober
1992 erlag er in Unkel am Rhein einem
Krebsleiden.
Willy Brandt
Seiten
www.willy-brandt.de -
Bundeskanzler-Willy-Brandt-Stiftung
Willy Brandt
Bücher
Willy Brandt: 1913-1992 - Visionär und
Realist von
Willy Brandt: A Political Biography
Erinnerungen. SPIEGEL-Edition Band 15 von
Willy Brandt
Gerhard Rosenfeld: Musik für Willy Brandt
Der Kanzlersturz - Warum Willy Brandt
zurücktrat
Lachen hilft: Politische Witze von Willy
Brandt und Brigitte Seebacher-Brandt
Krieg in Norwegen von Willy Brandt
Meine Jahre mit Willy Brandt: Die ganz
persönlichen Erinnerungen