Biografie
Gregor Gysi Lebenslauf
Der am
16. Januar 1948 in Berlin geborene Gregor
Florian Gysi hatte es nach der Wende 1989/90
geschafft, sich auf Dauer als einer der nicht nur in
den Medien bekanntesten Persönlichkeiten des
politisch linken Spektrums in Deutschland zu
etablieren.
Der Linken-Politiker, dem selbst von seinen
politischen Gegnern persönlicher Charme und
ausgeprägte Eloquenz oft zugestanden worden ist, kam
als Sohn eines SED-Kulturfunktionärs auf die Welt.
Vater Klaus Gysi (1912-1999) war seit
1928
eingetragener Kommunist und hatte während der
NS-Zeit aktiv als Illegaler im Untergrund in
Deutschland gegen die Nazis gekämpft. In der DDR
wurde Klaus Gysi Verleger und gehörte als
Kultusminister (1966-1973) beziehungsweise als
Botschafter (1973-1978) und als
Staatssekretär für Kirchenfragen (1979-1988) zum
Top-Establishment in der DDR. 1945 hatte er Irene
Lessing (1912-2007) geheiratet. Beide Eheleute waren
Kommunisten und hatten jüdische Vorfahren. Der 1958
geschiedenen Ehe von Klaus und Irene Gysi
entsprangen zwei Kinder: Gregor und seine zwei Jahre
ältere Schwester Gabriele, die sich als
Theater-Schauspielerin und -Dramaturgin einen Namen
machte. Die britische Literatur-Nobelpreisträgerin
Doris Lessing (geb. 1919) wurde durch die Heirat mit
Gregor Gysis Onkel Gottfried Lessing (1914-1979) zu
einer Tante von Gysi.
Gregor Gysi machte 1966 sein Abitur. Bestandteil
seiner Schulzeit war auch die Ausbildung zum
„Facharbeiter für Rinderzucht“. Von 1966 bis 1970
studierte Gysi, der 1967 in die SED eingetreten war,
an der (Ost-)Berliner Humboldt-Universität
Rechtswissenschaft. Mit dem
Diplom-Juristen-Abschluss, dem 1970/71 der
westdeutschen Referendar-Ausbildung ähnelnde
Stationen als Richterassistent folgten, ließ sich
Gysi 1971 in Ost-Berlin als Rechtsanwalt nieder.
Gysi schaffte sich in Folge einen Ruf als
engagierter Verteidiger von Systemkritikern und
DDR-Bürgern, die aus der DDR ausreisen wollten.
1976
promovierte Gysi zum Dr. jur. und wurde in der
Endphase der DDR als Vorsitzender des mit der
BRD-Rechtsanwaltskammer bedingt vergleichbaren
Kollegiums der DDR-Rechtsanwälte zunehmend
bekannter.
1989 wurde er einer breiteren Öffentlichkeit durch
seine im DDR-Fernsehen übertragene Rede bei der
500.000-Menschen-Großkundgebung am 4. November auf
dem Berliner Alexanderplatz bekannt. Gysi forderte
damals neue gesetzliche Bestimmungen im Wahlrecht
sowie die Einrichtung eines DDR-Verfassungsgerichts.
Zwei Tage später stand er als Verfechter eines von
den Kollegien der DDR-Rechtsanwälte ausgearbeiteten
Reisegesetzreform-Vorschlags, der im Vergleich zum
halbherzigen Regierungsvorschlag wesentlich
umfassendere Erleichterungen forderte, erneut im
Zentrum des öffentlichen Interesses. Am 9. Dezember
wählte ihn mit 95 % der Delegiertenstimmen ein nach
dem Rücktritt der bisherigen SED-Führung unter Egon
Krenz teils hoch verunsicherter, teils
reformfreudiger Sonderparteitag zum Vorsitzenden der
SED-PDS („Partei des Demokratischen Sozialismus“).
Gysi, der als neuer Hoffnungsträger seiner Partei
galt, wehrte sich vehement gegen Forderungen, die
SED-PDS aufzulösen. Gysi argumentierte vor allem mit
der bei einer Auflösung drohenden Gefahr des
Verlusts von Parteivermögen. Gysi profilierte sich
auch als Vertreter seiner sich ab Februar 1990 nur
noch „
PDS“ nennenden Partei am „Runden Tisch“, an
dem schließlich mit dem Ministerpräsidenten Hans
Modrow (*1928) die freien Wahlen vom 18. März 1990
vereinbart wurden.
Gysi war von März bis zum Ende der DDR im Oktober
1990 Mitglied in der letzen Volkskammer und danach
bis 2002 Bundestagsabgeordneter. Bis 2000 stand er
seiner Fraktion vor. 1993 gab er den Parteivorsitz
an Lothar Bisky ab und schied
1997 auch aus dem
PDS-Parteivorstand aus.
Die PDS, die sich 2005 in „Linkspartei“ umbenannt
hatte, vereinigte sich 2007 mit der Teile des linken
Spektrums in den alten Bundesländern abdeckenden
WASG („Arbeit & soziale Gerechtigkeit – Die
Wahlalternative“) zur Partei „
Die Linke“. Gysi und
die führende Persönlichkeit der WASG, der
Ex-SPD-Vorsitzende
Oskar Lafontaine, waren die
treibenden Kräfte hinter dieser Fusion. Gysi war
2005 wieder in den Bundestag gewählt worden und war
seitdem dort Vorsitzender der Linksfraktion.
Davor hatte Gysi ein kurzes Gastspiel als Teil der
Exekutive gehabt. Am 17. Januar 2002 hatte ihn der
einer rot-roten Koalitions-Landesregierung
vorstehende Regierende Bürgermeister von Berlin,
Klaus Wowereit (SPD), zum Bürgermeister und Senator
für Wirtschaft, Arbeit und Frauen gemacht. Der nach
Ansicht vieler Beobachter auf diesem
Nicht-Oppositions-Posten fehlbesetzte Gysi gab das
Amt bereits am 31. Juli 2002 als Reaktion auf seine
Verwicklung in die so genannte „Bonusmeilen-Affäre“
wieder ab.
Diese Affäre war nicht die erste und nicht die
letzte Affäre, mit der der Politiker in Zusammenhang
gebracht worden war. 1998 sah er sich vor einem
parlamentarischen Untersuchungsausschuss dem Vorwurf
ausgesetzt, bei der Offenlegung des
SED-Parteivermögens unkorrekt gehandelt zu haben. Im
selben Jahr stellte der Immunitäts-Ausschuss des
Bundestages fest, dass Gysi als „Inoffizieller
Mitarbeiter“ („IM Notar“) vom
DDR-Staatssicherheitsdienst geführt worden war. Gysi
bestritt diese Vorwürfe. Immer wieder wurden dennoch
neue Anschuldigungen gegen Gysi wegen vermeintlicher
Stasi-Tätigkeit laut.
Anfang 2013 brachte ihm der Vorwurf, 2011 im
Zusammenhang mit seiner angeblichen Stasi-Mitarbeit
eine falsche eidesstattliche Versicherung abgegeben
zu haben, ein staatsanwaltschaftliches
Ermittlungsverfahren ein.
Gysi hat zweimal geheiratet. Die erste Ehe mit der
Soziologin Jutta hielt von 1968 bis 1974. Der
gemeinsame Sohn George (geb. 1970) wurde zeitweise
von Gregor Gysi allein aufgezogen. In den 1970er
Jahren adoptierte Gysi Adoptivsohn Daniel Gysi.
1996 wurde Gregor Gysis zweite Ehe, mit der
bayerischen Juristin Andrea Lederer (geb. 1957),
geschlossen. Im selben Jahr kam die gemeinsame
Tochter Anna zur Welt. 2010 trennten sich die
Eheleute einvernehmlich.
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