Biografie Wassily Kandinsky Lebenslauf
Der für seine expressionistischen Gemälde berühmte
russische Maler Wassily Wassiljewitsch Kandinsky hat
nicht zuletzt als Mitbegründer des kurz vor Beginn des
Ersten Weltkrieges aktiven Künstler-Netzwerks „Der Blaue
Reiter“ wesentlich zum Durchbruch der abstrakten Malerei
im etablierten Kunstbetrieb beigetragen.
Wassily
Kandinsky wurde am
16. Dezember 1866 (nach dem damals in
Russland geltenden julianischen Kalender am 4. Dezember)
in Moskau als Sohn eines wohlhabenden, aus Ostsibirien
stammenden Teehändlers geboren. Kandinsky wuchs in
Odessa und Moskau auf. Frühzeitig
interessierte er sich für Kunst und erhielt Mal- und
Zeichenunterricht. Nach dem Abschluss seiner
humanistischen Gymnasialausbildung in Odessa begann er
1886 an der Lomonossow-Universität in Moskau ein Studium
der Rechtswissenschaft, Volkswirtschaft und Völkerkunde.
1889 nahm der Student die Möglichkeit wahr, an einer
wissenschaftlichen Exkursion in die nördliche
Ural-Region teilzunehmen. Ziel der Expedition war es,
Erkenntnisse über das Rechtssystem der Syrjanen, einer
Sub-Ethnie des finno-ugrischen Volkes der Komi, zu
sammeln. Bei dieser aufregenden Exkursion war Kandinsky
von den farbig ausdrucksstarken Malereien auf den
Kultgegenständen der Syrjanen fasziniert. 1892 beendete
Kandinsky sein Jura-Studium und ging im selben Jahr die
Ehe mit seiner Cousine Anja Tschimiakin ein. Nach einem
Jahr Assistenz-Zeit an der Rechtsfakultät seiner Alma
Mater promovierte er und stieg in der
Universitätshierarchie zum Fakultäts-Attaché auf. Einen
Ruf der Universität Dorpat schlug er 1896 aus und
beschloss, stattdessen sich auf die Malerei zu
konzentrieren.
Kandinsky zog nach
München und besuchte zunächst dort
eine Privat-Kunstschule. Ab 1900 studierte er an der
renommierten „Kunstakademie München“ an der er unter
anderem von Franz von Stuck unterrichtet wurde.
Kandinsky war bereits sehr experimentierfreudig, doch
war seine Formen- und Farbensprache noch nicht abstrakt.
Zusammen mit anderen, sich insbesondere an Arbeiten
französischer Neuerer wie Monet und Toulouse-Lautrec
orientierenden Künstlern und Kunststudenten gründete er
1901 die Ausstellungsgruppe „Phalanx“. Der Gruppe war
eine gleichnamige Malschule angeschlossen. Das Projekt
setzte sich im vorwiegend konservativen München nicht
durch und wurde 1904 wieder aufgegeben. In der „Phalanx“-Zeit
wurden Kandinsky und die elf Jahre jüngere Malerin
Gabriele Münter ein Paar. Die beiden Künstler bereisten
in den Folgejahren unter anderem Nordafrika, Russland
und Italien. 1908 ließen sie sich nahe
Garmisch-Partenkirchen in dem oberbayerischen Dorf
Murnau am Staffelsee nieder.
Kandinskys Malstil wurde zunehmend abstrakter und stieß
auch in der von ihm 1909 gegründeten „Neuen
Künstlervereinigung München“ (N.K.V.M.) auf Kritik. 1911
verließt Kandinsky die N.K.V.M. nach einem Streit über
das mit fünf Quadratmeter Größe formal gegen die
N.K.V.M.-Satzung verstoßende Bild „Das Jüngste Gericht
(Komposition V)“. Kandinsky wurde Teil der losen
Expressionisten-Gruppe „Der Blaue Reiter“, der auch
spätere Berühmtheiten wie Franz Marc, August Macke,
Alfred Kubin und
Paul Klee angehörten. Programmatisch
wegweisend für die weitere Entwicklung der „maleristischen
Bewegung in Deutschland, Russland und Frankreich“ wurde
der von Kandinsky und Marc herausgegebene, mehrfach neu
aufgelegte und die Verbindung von „primitiver
Volkskunst“ und moderner Malerei aufzeigende Almanach
„Der Blaue Reiter“.
Bei Ausbruch des Ersten Weltkriegs 1914 floh Kandinsky
zunächst mit Gabriele Münter in die Schweiz. Von dort
reiste er ohne Gabriele Münter nach Moskau weiter. In
Russland lehrte er als Professor und gründete die
„Akademie der Kunstwissenschaften“. Nachdem er 1916
endgültig mit Gabriele Münter gebrochen hatte, heiratete
Kandinsky im Februar 1917 die 24-jährige Nina Andreewsky.
Ihr im selben Jahr geborener Sohn Wsewolod starb 1920.
In der frühen Sowjetzeit machte Kandinsky, dessen
beträchtliches, aus Erbschaften stammendes Vermögen
sozialisiert worden war, zunächst Karriere. Er leitete
ab
1920 das „Institut für Künstlerische Kultur“. Die
politischen und wirtschaftlichen Verhältnisse in der
Russischen Sowjetrepublik bewegten Kandinsky aber
schließlich 1921 zur Emigration. 1922 wurde er Professor
am Weimarer Bauhaus und wirkte in Weimar, Dessau und
Berlin. Angeregt durch die russischen Konstruktivisten
entwickelte sich Kandinskys Stil endgültig zur von
geometrischen Formen bestimmten Abstraktheit.
Bezeichnend für Kandinskys Werke war seine Vorstellung,
Farben „hören“ zu können. Durch bestimmte Anordnungen
und Formgebungen farbiger Flächen und Zeichen
komponierte Kandinsky Gemälde wie Musikstücke.
1933, Kandinsky hatte fünf Jahre vorher die deutsche
Reichsbürgerschaft angenommen, verließen der Künstler
und seine Frau Hitler-Deutschland, wo Kandinskys Werke
als „entartete Kunst“ verunglimpft wurden. Das Paar ließ
sich in Neuilly-sur-Seine bei Paris nieder und nahm 1939
die französische Staatsbürgerschaft an. Am 13. Dezember
1944 starb Kandinsky in Neuilly-sur-Seine.
Ein wesentlicher Teil des umfangreichen Werkes des als
einer der wichtigsten und produktivsten Maler des 20.
Jahrhunderts geltenden Künstlers und Kunsttheoretikers
wurde in den 1930er Jahren vom New Yorker „Guggenheim
Museum“ erworben.