Susanne Albrecht Lebenslauf
Am
1. März 1951 in
Hamburg
geboren, wuchs Susanne Albrecht in einer zweifellos
als bürgerlich zu bezeichnenden Familie auf. Ihr
Vater hatte sich als Anwalt für Seerecht einen Namen
gemacht.
Nach erfolgreicher Beendigung ihres Abiturs an einem
privaten Gymnasium in Holzminden ging sie 1971 an
die Universität Hamburg, um Pädagogik, Soziologie
und Psychologie zu studieren. Hier kam sie bald mit
politisch radikalen Gruppierungen in Berührung.
Diese erlebten gerade eine Blütezeit, denn die einst
ziemlich geschlossen auftretende Studentenbewegung
war hoffnungslos zersplittert, und so manche neu
gebildete Gruppe legte es vor allem darauf an, ihre
"Konkurrenz" als nicht konsequent genug und damit
überflüssig dastehen zu lassen. Seit einiger Zeit
spielte die Realität für die politische Bewertung
von Staat und System kaum noch eine Rolle. Vielmehr
wollte man sich von der Brandt-Regierung absetzen,
der man unterstellte, mit ihrem Motto "Mehr
Demokratie wagen" nur von faschistischen Tendenzen
in der Innenpolitik ablenken zu wollen. Diesem Sog
der allgemeinen Radikalisierung konnten sich nicht
viele gänzlich entziehen.
Erste Erfahrungen mit politischen Aktionen machte
Albrecht durch ihre Mitwirkung bei Hausbesetzungen
in der Hafenstraße. Außerdem engagierte sie sich
1974 in den Anti-Folter-Komitees. Zu deren
Hauptanliegen gehörte es, eine Verbesserung der von
ihnen als unmenschlich angeprangerten
Haftbedingungen von
RAF-Mitgliedern (wenn nicht gar
deren Freilassung) zu erreichen.
Als sich der Hungerstreik der Häftlinge, unter denen
sich auch
Holger Meins befand, zuspitzte, gehörte
Susanne Albrecht - ebenso wie Christian Klar - zu
den 32 Komitee-Aktivisten, die Ende Oktober 1974 die
Amnesty International-Zentrale in
Hamburg besetzten.
Die Aktion bewirkte allerdings wenig, da
Sicherheitskräfte das Gebäude umgehend räumten.
Anfang 1976 legte sie das erste Staatsexamen für das
Grund- und Realschullehramt ab. Zu dieser Zeit
formierte sich die zweite Generation der
RAF, der
sich nun auch Susanne Albrecht anschloss. Doch in
ihrer Gruppe war sie zunächst nur "fünftes Rad am
Wagen". Das änderte sich, als die Freundschaft ihrer
Familie mit der des Bankvorstandes Jürgen Ponto zur
Sprache kam. Da die Zielsetzungen dieser zweiten
Generation sich weitgehend auf die Befreiung der
inhaftierten Angehörigen der ersten Generation
konzentrierten, beschloss man, Ponto als Geisel zu
nehmen, um Druck auf die Behörden ausüben zu können.
Und so kam es im Juli 1977 zu jenem verhängnisvollen
Besuch im Hause Ponto, zu dem Albrecht ihre
"Freunde" Brigitte Mohnhaupt und Christian Klar
mitbrachte, die nach Betreten der Villa ohne
erkennbaren Anlass aus noch immer nicht abschließend
geklärten Gründen Jürgen Ponto erschossen.
Nach ihrer Flucht tauchte die - wegen dieses
Vertrauensbruchs im engsten Freundeskreis - nun
bundesweit zu einer besonders erschreckenden
Symbolfigur des Terrors gewordene Susanne Albrecht
unter. Für kurze Zeit ging sie in den Jemen, wo sie
sich in einem palästinensischen Ausbildungslager
aufhielt.
Nach einem missglückten Anschlag auf den damaligen
NATO-Oberbefehlshaber wendete sie sich 1980 von der
RAF ab und reiste in die DDR, wo sie, vom
Staatssicherheitsdienst unterstützt, unter falschem
Namen eine zivile Existenz aufbaute. Diese endete
1986 abrupt, als Bekannte ihr Gesicht in einer
TV-Dokumentation über die RAF erkannten. Nach kurzem
Aufenthalt in der
Sowjetunion wurde sie Mitte 1990
in Berlin von der Volkspolizei verhaftet. Der darauf
folgende Gerichtsprozess erwies sich als
entscheidend für die Aufklärung des Mordes an Jürgen
Ponto, da Albrecht sich (unter Inanspruchnahme der
Kronzeugenregelung) sehr kooperativ zeigte. Zu zwölf
Jahren Freiheitsentzug verurteilt, wurde sie nach
sechs Jahren auf Bewährung entlassen.
In der Folgezeit widmete sie sich der Lehrtätigkeit,
der ihre Ausbildung schließlich in erster Linie
gegolten hatte. Ihren bürgerlichen Namen nutzt sie
natürlich nicht mehr. Inzwischen erteilt sie in
Bremen Migrantenkindern Deutschunterricht. Nachdem
dies im Mai 2007 bekannt wurde, war es weder
unverständlich noch eine sonderliche Überraschung,
dass die Bremer CDU darauf drängte, Albrechts
Lehrtätigkeit zu unterbinden. Die Initiative
scheiterte am Widerstand des Elternbeirates der
Schule.