Biografie Indira Gandhi Lebenslauf

Sie wuchs in unruhigen Zeiten in einer berühmten indischen Politiker-Dynastie auf. Als Politikerin war ihr Kennzeichen ein eher autoritärer Führungsstil sowie ihr Mut, sich bei Konflikten persönlich vor Ort für eine Vermittlung einzusetzen. Aufgrund ihrer Kindheits- und Jugenderlebnisse hatte sie ihr Leben lang Angst vor Instabilität und Kontrollverlust und setzte zur Herstellung der Ordnung auch mal die demokratischen Regeln der jungen Republik außer Kraft, wenn sie es für nötig hielt - Indira Gandhi, erste weibliche Premierministerin ihres Landes.
Indira Gandhi wurde am 19. November 1917 als Indira Priyadarshini Nehru im indischen Allahabad geboren. Ihr Vater war der brahmanische Nationalist Jawaharlal Nehru, der als Widerstandskämpfer an der Seite Mahatma Gandhis gegen die Besatzung der Briten kämpfte und von 1947 bis 1964 zum ersten indischen Ministerpräsident des unabhängigen Indien gewählt wurde. Auch Indiras Mutter Kamala war politisch aktiv. Sie starb im Jahr 1936 an Tuberkulose, ein Verlust, der der jungen Indira sehr zusetzte. Sie wurde depressiv, litt an chronischem Untergewicht und hatte sich ebenfalls mit TBC infiziert, so dass ihr Vater sie von 1940 bis 1941 zur Genesung in ein Schweizer Sanatorium schickte.
Das politische Engagement wurde Indira Gandhi quasi in die Wiege gelegt. Schon ihr Großvater Motilal Nehru war zweimal Präsident der Kongresspartei im kolonialen Indien und zusammen mit Indiras Vater in der indischen Unabhängigkeitsbewegung aktiv. Die beiden Nehrus zählten neben Mahatma Gandhi zu deren führenden Köpfen. Die kleine Indira wuchs - ihrer Kaste angemessen - in sehr privilegierten Verhältnissen auf, doch die politischen Wirren jener Zeit und das Engagement ihrer Familie gegen die britische Kolonialmacht konfrontierten sie früh mit bedrohlichen und instabilen Situationen, wie Hausdurchsuchungen und Verhaftungen. Sowohl ihr Vater, ihr Großvater als auch ihre Mutter waren häufig abwesend und wurden wiederholt inhaftiert.
Für das intelligente Mädchen, das sich früh für das politische Geschehen um sie herum interessierte, hieß das, dass sie oft die strenge Obhut ihrer Verwandtschaft zu spüren bekam. Besonders die Demütigungen ihrer verwitweten Tante Vijaya Nehru, eine Schwester ihres Vaters, die sich ebenfalls politisch engagierte, waren sowohl für Indira als auch für ihre Mutter nur schwer zu ertragen. Aufgrund der konservativen indischen Strukturen kam hinzu, dass sie von Jawaharlal Nehru in diesem Fall keinerlei Verständnis oder Unterstützung erwarten konnten.
Indira und ihre Mutter konnten erst aufatmen, als sich die Familie Nehru ab 1926 öfter in Europa - fern von der restlichen Verwandtschaft - aufhielt. Auch wenn häufige Schul- und Ortswechsel zur Tagesordnung gehörten und die beginnende Krankheit ihrer Mutter die neu gewonnene Freiheit überschattete. Indira lebte damals abwechselnd in ihrem indischen Heimatort Allahabad, in Paris, Genf, London sowie im Schwarzwald und begann nach der Schule ein Studium in Oxford, England.
Durch ihre persönliche Familienumstände und das dramatische Schicksal ihres Landes erlebte Indira Gandhi in ihrer Kindheit und Jugend oft ein quälendes Gefühl der Isolation. Mit ihrer freiheitlichen politischen Einstellung gegen die Kolonialherrschaft der Briten, die oft an Radikalität grenzte, fand sie sich häufig zwischen allen Stühlen. Zu den weiteren frühen Erfahrungen gehörten aufgrund ihrer häufigen Auslandsaufenthalte auch Gewaltherrschaft und Unterdrückung durch die Nazis sowie der Ausbruch des Zweiten Weltkriegs.
Wieder zurück in Indien, wurde Indira Gandhi 1942 kurzzeitig aufgrund anti-britischer Aktivitäten festgenommen. Ihr Vater war zu jener Zeit Präsident der indischen Kongresspartei und weiterhin eng mit Mahatma Gandhi verbunden. Noch im selben Jahr heiratete Indira den Parser Shri Feroze Gandhi, einen jungen Nationalisten, der seit langem mit der Familie Nehru befreundet war und mit dem sie ihr politisches Engagement teilen konnte. Die Eheschließung wurde in der Familie lange kontrovers diskutiert und die indischen Medien sprachen sich aufgrund des traditionellen Kastendenkens sogar mehrheitlich dagegen aus. Trotz der Namensgleichheit war ihr Mann übrigens mit dem großen Mahatma Gandhi weder verwandt noch verschwägert.
Die Hochzeitsreise des jungen Paares ging nach Kaschmir und zählte zur glücklichsten Zeit in Indira Gandhis Leben. In Kaschmir lagen die Wurzeln des Nehru-Clans und auch später kehrte sie oft hierher zurück, um privaten oder politischen Frieden zu finden. 1944 wurde Sohn Rajiv und 1946 ihr Sohn Sanjay geboren. Beide engagierten sich später ebenfalls in der indischen Politik. Sanjay starb 1980 bei einem Bombenattentat und Rajiv 1991 bei einem Flugzeugabsturz. Und auch die Ehe von Indira Gandhi stand unter keinem guten Stern: Bereits 1947 verlangte der Ehemann von Indiras Vater, er solle einer Scheidung zustimmen. Doch obwohl sie in ihrer Ehe unglücklich war, wehrte sich Indira vehement gegen eine offizielle Trennung. Doch lebte das Paar fortan die meiste Zeit getrennt.
Statt weiterhin mit den Feinseligkeiten ihres Mannes zu leben, zog Indira Gandhi - nachdem Jawaharlal Nehru zum Ministerpräsidenten gewählt geworden war - nach Delhi, um ihren Vater als Sekretärin und Gastgeberin zur Hand zu gehen. Dort lernte sie alle wichtigen Staatsmänner der damaligen Zeit kennen, bekam tiefe Einblicke in den politischen Alltag und fungierte auch als seine Beraterin bei wichtigen Entscheidungen. So überredete sie ihren Vater 1955 im Tibetkonflikt mit China, dem Dalai Lama Asyl zu gewähren oder drängte ihn 1959, die demokratisch gewählten Kommunisten im indischen Bundesstaat Kerala zu entlassen, obwohl es von der CIA bezahlte Mitglieder der Kongresspartei waren, die die Unruhen geschürt hatten.
Als sie Mitte der 1950er Jahre den Parteivorsitz der Kongresspartei übernahm, propagierte Feroze Gandhi dies öffentlich als finalen Dolchstoß für ihre Beziehung. Erst als er 1959 einen Herzinfarkt erlitt, kam sich das Ehepaar wieder näher. Doch ein Jahr später starb Feroze. Sein Tod löste tiefe Schuldgefühle in Indira Gandhi aus und sie erkrankte erneut an Depressionen und plante heimlich, sich aus der Politik zurückziehen und Indien den Rücken zu kehren. Besonders ihr Sohn Sanjay setzte ihr in dieser Zeit sehr zu mit seinen Vorwürfen, dass der Vater aus Einsamkeit gestorben und sie Schuld daran sei.
Doch der Tod ihres Vaters im Jahr 1964 bewirkte einen radikalen Umschwung, was ihr künftiges politisches Engagement betraf. Der Grund lag zum einen möglicherweise in dem Gefühl, zu Lebzeiten nie den Ansprüchen des Vaters genügt zu haben und diesen Makel nun wettmachen zu müssen und endlich die gewichtige Rolle für Indiens Entwicklung zu spielen, die Nehru für seine Tochter vorgesehen hatte. Zum anderen könnten sie auch Schuldgefühle geplagt haben, weil sie heimlich allem den Rücken kehren wollte, so ihre Biografin Katherine Frank.
Als sie der neue Premierminister Lal Bahadur Shastri kurz nach dem Tod ihres Vaters als Ministerin für Information und Rundfunk in sein Kabinett berief, hoffte er, dass ein Mitglied der Nehru-Familie in seinem Team für Stabilität in dem jungen Staat sorgen könne und Indira Gandhi nahm die Herausforderung an. Doch es dauerte nicht lange, da war Shastri über ihre wiederholten Alleingänge eher verärgert und wollte ihr einen Posten in London übertragen. Dazu kam es jedoch nicht, weil er auf einer Auslandsreise überraschend starb.
Während der amtierende indische Präsident als Interims-Premierminister vereidigt wurde, begann sich Indira Gandhi darauf vorzubereiten, bei der nächsten Wahl selbst für das Amt des Premierministers zu kandidieren. Ihre Vorteile lagen klar auf der Hand: Sie sprach fließend Hindi und Englisch, war in der Welt herumgekommen, wurde von den unterschiedlichen Konfessionen des Landes akzeptiert, hatte langjährige Erfahrung auf dem politischen Parkett und wurde von vielen „als einziger Mann in einem Kabinett alter Weiber“ gefeiert. Doch die Entscheidung, sie zur Kandidatin zu nominieren, lag zum großen Teil auch an einem akuten Mangel an geeigneten Alternativen.
So wurde Indira Gandhi am 18. Januar 1966 zur ersten weiblichen Fraktionsvorsitzenden der Kongresspartei gewählt und einen Tag später zur Nachfolgerin des verstorbenen Sastri, bevor sie am 24. Januar als neue Premierministerin des Landes vereidigt wurde. Nach einem wenig gelungenen Start - sie kämpfte anfangs hart mit ihrem mangelnden Selbstbewusstsein - gewann sie nach einem Jahr langsam den Respekt ihrer Landsleute.
Sie besuchte Krisenregionen vor Ort und kümmerte sich um die Grundversorgung der indischen Bevölkerung, die infolge der Dürre von 1965 unter einer bedrohlichen Lebensmittelknappheit litt. Drei Jahre später gingen diese Bemühungen als „Grüne Revolution“ in die indische Geschichte ein. Die bedrohlichen Sikh-Unruhen beendete sie, indem sie den Bundesstaat Punjab kurzerhand zweiteilte. 1971 löste eine Flüchtlingswelle mit neun Millionen Pakistani aus Ostpakistan, dem heutigen Bangladesch, tiefe Betroffenheit und eine große finanzielle Not aus.
Verzweifelt versuchte sie deshalb Anfang der 1970er Jahre, international auf den Konflikt aufmerksam zu machen. Sie suchte Verbündete und warb um finanzielle Unterstützung. 1971 kam es dann zum dritten indisch-pakistanischen Krieg, aus dem Indien als Sieger hervorging und Bangladesch ein eigenständiger Staat wurde. In dieser Zeit war Indira Gandhi auf dem Höhepunkt ihrer Popularität. Von 1975 bis 1977 sah sich Indira Gandhi, die sich immer für eine Versöhnung zwischen den verschiedenen Clans, politischen Richtungen und Religionen ihres Landes einsetzte, gezwungen, den nationalen Notstand auszurufen und das Land teilweise mit diktatorischen Mitteln zu regieren. In dieser schweren Zeit geriet Indira Gandhi zudem zunehmend unter den Einfluss ihres Sohnes Sanjay. Bei den Parlamentswahlen im Jahr 1977 musste die Kongresspartei dafür eine empfindliche Schlappe einstecken und Indira Gandhi schied aus dem Amt der Regierungschefin aus.
1980 wurde sie erneut Ministerpräsidentin, nachdem sie ihre eigene Partei, die „Indian National Congress I“ gegründet hatte. Die Herausforderung in dieser Regierungsperiode war die zunehmende Radikalisierung einer gewaltbereiten, fundamentalistischen Sikh-Sekte, die in Pakistan und Indien um Unabhängigkeit kämpfte. Sie ließ den Aufstand militärisch niederschlagen, was ihr jedoch letzten Endes zum Verhängnis wurde.
Am 31. Oktober 1984 wurde Indira Gandhi in Dehli durch zwei Mitglieder ihrer eigenen Sicherheitswachen ermordet, die ebenfalls Anhänger der separatistischen Sikh-Bewegung waren.
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n.n.v.