Heinrich Böll Lebenslauf

Heinrich Böll - Ein Meilenstein der Nachkriegsliteratur
Heinrich Böll zählt ohne Frage zu den bedeutendsten deutschen Nachkriegsautoren. 1967 erhielt der den Büchner-Preis und wurde 1972 als erster deutsche Schriftsteller nach dem Zweiten Weltkrieg mit dem Literaturnobelpreis ausgezeichnet. Von 1971 bis 1974 stand er dem internationalen PEN-Club als Präsident vor. Die zentralen Themen in Bölls Werk sind die Vertriebenheit und der Gegensatz von Heimat und Vertreibung, wobei Heimat nicht als geographischer Begriff zu verstehen ist. Er selbst bezeichnete das 20. Jahrhundert als das Jahrhundert der Vertriebenen und Gefangenen. Heimat entstand für Böll erst durch Humanität stiftende Ordnung. Erst durch sie können Nachbarschaft und gegenseitiges Vertrauen entstehen. Prägend waren für Böll seine Kindheit und Jugend.
Am 21. Dezember 1917 würde Heinrich Böll als achtes Kind eines Schreinermeisters geboren. Der Betrieb des Vaters war erfolgreich, so dass die Familie Böll relativ unbeschwert leben konnte. Nach eigener Aussage war Bölls Kindheit recht heil, verspielt und durch die liebevolle Zuneigung der Eltern gekennzeichnet. Die 1930 auch in Deutschland immer drastischer zu spürende Weltwirtschaftskrise stellte einen ersten gravierenden Bruch in Bölls Leben dar. Die Geschäfte des Vaters gingen schlechter. Die Familie geriet in Armut. Dennoch erlangte Böll 1937 das Abitur und begann eine Lehre als Buchhändler. Doch bei Ausbruch des Zweiten Weltkrieges wurde auch er zum Dienst in der Wehrmacht eingezogen. Zuvor hatte ihm seine antifaschistische Familie großen Halt und Geborgenheit gegeben. Die NS-Zeit mit ihren unfassbaren Gräueln war die zweite prägende Erfahrung für den Schriftsteller Böll.
Während des Krieges heiratete er 1943 seine Frau Annemarie, von Beruf Lehrerin. Nach dem Krieg kehrte Böll mit seiner Frau nach Köln zurück. Dort lebt das Ehepaar zunächst recht ärmlich. Böll schlug sich notdürftig als Übersetzer durch. Die Familie lebte hauptsächlich von dem Gehalt seiner Frau, die als Lehrerin tätig ist. Als Schriftsteller grenzte er sich wie einige seiner Kollegen, die sich das „junge Deutschland“ nannten, von der ästhetizistischen Literatur der „inneren Emigration“ der NS-Zeit ebenso ab wie von der Literatur der Kollegen, die ins Exil gegangen waren und denen die Erfahrung von Diktatur und Krieg fehlte.
Die neue Literatur sollte ein Wiederstarken des Faschismus verhindern. Erst Abgrenzung zur Masse und Nonkonformismus könnten, so die Überzeugung, gesellschaftlichen Fortschritt ermöglichen. Das Individuum und die Moral sollten im Mittelpunkt stehen. Mit „Die schwarzen Schafe“ begann 1951 Bölls Erfolg als Schriftsteller. Zu seinen bedeutendsten Werken zählen „Billard um halbzehn“ (1959), „Ansichten eines Clowns“ (1963) und „Gruppenbild mit Dame“ (1971). Böll, der seit der Währungsreform 1948 mit Schrecken die Rückkehr „bürgerlichen Besitzdenkens“ in der BRD ausmachte, greift in diesen Romanen mit ihren nonkonformistischen Helden, die sich gegen gesellschaftliche Zwänge auflehnen, Themen auf wie die Ablehnung der Wirtschaftswundereuphorie, die Kritik an der Etablierung von kirchlichen und staatlichen Machtinteressen und Kritik an der Konsum- und Mediengesellschaft. Letzteres eindrücklich in „Die verlorene Ehre der Katharina Blum“ (1974), in der er die manipulative Gewalt besonders der Bildzeitung während der RAF-Zeit anklagt. In der Literaturkritik ist Böll nicht unumstritten. Man wirft ihm beispielsweise Moralismus und eine mangelhafte Beherrschung der formalen Errungenschaften des modernen Romans vor.
Am 16. Juli 1985 starb Heinrich Böll in Langenbroich.