Erika Lust Lebenslauf

Erika Lust - Bilder, die provozieren
Erika Lust ist eine deutsche Malerin, die 1961 in Leninski in der Kasachischen SSR der Sowjetunion geboren wurde. Das genaue Datum verschweigt die Künstlerin selbst auf ihrer Homepage. 
In Leninski wuchs sie auf, einer Stadt, die in der Wüste Kasachstans liegt. Die Gegend, in der das Karlag lag – so nannte man dort das ehemalige Karanganda-Lager, das das zweitgrößte Straflager in der Sowjetunion war – hat die Künstlerin nach eigenem Erzählen nie gemocht. Ihr Vater und ihre Großeltern waren während des Zweiten Weltkrieges in das Karlag deportiert worden. In der Schule lernte die Wolga- Deutsche frühzeitig politischen Ungehorsam zu entwickeln. Nach der abgeschlossen Schulbildung studierte die 16-jährige in der russischen Stadt Pensa ab 1977 vier Jahre an der Kunstfachschule. Ihr Studium schloss sie mit einem Diplom mit Auszeichnung ab. Sie wollte anschließend im weißrussischen Brest als Theatermalerin arbeiten, doch ihre Bewerbung wurde abgelehnt, weil Deutsche in der Grenzregion zu Polen nicht erwünscht waren. Erika Lust blieb nichts anderes übrig, als nach Kasachstan zurückzugehen. Dort hatte man 1980 gerade das Deutsche Theater in Alma-Ata (heute Almaty) gegründet, wo sie als Theatermalerin und Bühnenbildnerin arbeitete. Sie hatte eine sehr politische Zeit miterlebt, in der das Theater vergeblich darum gekämpft hatte, die Wiederherstellung der alten Wolga-Deutschen Autonomie zu erreichen. Im Jahr 1989, als die Mauer zwischen den beiden deutschen Staaten schon gefallen, die Wiedervereinigung jedoch noch nicht vollzogen war, bekam Erika Lust eine offizielle Einladung, eine Weiterbildung in der DDR zu absolvieren, die durch Kontakte von Theaterkollegen zustande kam, die am Deutschen Theater in Kasachstan gastweise gearbeitet hatten.
Das Jahr 1989 wurde gleichsam das Jahr ihrer Emigration nach Deutschland, wo sie in Dresden ihre neue Heimat fand und wo sie an der Hochschule für bildende Künste noch einmal ein Bühnen- und Kostümbildstudium begann, das sie von 1990 bis 1995 absolvierte und mit einem Diplom abschloss. Anschließend bekam sie eine Stelle als Bühnenbildassistentin, die sie an das Stadttheater Leipzig und an das Potsdamer Hans-Otto-Theater führte.
Erika Lust gestaltete in den Jahren danach in verschiedenen deutschen Theatern (Plauen-Zwickau, Freiberg, Lutherstadt Wittenberg, Annaberg-Buchholz, Dresden, Berlin u. a.) Bühnenbilder und entwarf Kostüme für Opern, Ballette und für die Sparte Schauspiel. Von 2002 bis 2003 nahm sie noch einmal Weiterbildung in Webdesign wahr. Daneben war das Malen provokanter und zeitbezogener Bilder ihre wichtigste Beschäftigung. Mit ihrer Malerei wurde sie schließlich über die Stadtgrenzen Dresdens landesweit bekannt, nicht zuletzt durch den Aufsehen erregenden Prozess, den sie 2009 führte und der ihr Bild „Frau Orosz wirbt für das Welterbe“ zum Gegenstand hatte. Die CDU-Politikerin Helma Orosz, die 2008 zur Dresden Oberbürgermeisterin gewählt wurde, ist auf diesem Gemälde nur mit Strapsen und der Amtskette bekleidet. Im Entstehungsjahr des Bildes (2009) wurde dem Dresdner Elbtal der Titel Welterbe der UNESCO aberkannt, da die Bürgerproteste nicht ausreichten, um den Bau der Waldschlösschenbrücke zu verhindern und die Argumente, die dem Welterbekomitee vorgetragen nicht überzeugend genug waren, um die Aberkennung zu verhindern. Den Prozess hatte Erika Lust schließlich gewonnen, obwohl ihr zunächst ein Eingriff in die Intimsphäre der Frau Orosz vorgeworfen worden war, der mit einer hohen Geldstrafe von 250.000 Euro geahndet werden sollte, falls sie das Bild veröffentlichen sollte. Erika Lust ging in Berufung und hatte Erfolg. Ihr künstlerisches Mittel, das Tatenlosigkeit mit Nacktheit gleichsetzt, wurde als Meinungs- und Kunstfreiheit anerkannt. Damit war gerade dieses Bild zu einem ihrer vorerst bekanntesten geworden und ihr Name war in Künstlerkreisen in aller Munde.
Das markanteste Stilmittel, das von Erika Lust eingesetzt wird, ist Nacktheit, besonders bei der Darstellung hochrangiger Persönlichkeiten. Die an die Alten Meister angelehnte Art der Malerei spricht eine eigene, ganz klare Sprache, der es auch nicht an Ironie fehlt. Es ist eine Mischform, in der die Künstlerin Aquarell- Gouache- und Pastelltechnik verwendet.
Erika Lust hat auch den spektakulären, sieben Meter langen „Fürstinnenzug“ gemalt, der ebenfalls die Herrschenden unbekleidet darstellt, die sie vordergründig interessieren. Sie erreicht es mit ihrer Kunst, Diskussionen auszulösen und Zeitfragen zu stellen. Deutlich wird vor allem ihre Respektlosigkeit vor der Macht und den Mächtigen der Welt.
Der Maler Rainer John hat in einer Ausstellungsreihe „Verbotene Kunst“ als Kurator fungiert und die inzwischen namhafte Künstlerin ausgestellt. In der Dresdner Neustadt, in der ältesten Kutscherkneipe Dresdens, „Goldener Pfeil“, präsentierte er erstmals der Öffentlichkeit den „Fürstinnenzug“. Auch in Stralsund wurde Erika Lust ausgestellt. Dort wurde u. a. das Bild „Rosa Wunder“ im Rahmen der Ausstellung „Frivole Bilder und Objekte“ 2010 im Kulturhistorischen Museum gezeigt.
Erika Lust ist als Künstlerin eine Einzelgängerin, wie sie selbst erklärt. Dem Künstlerbund Dresden e.V. gehörte sie nur kurzzeitig an, weil sie dort nicht den erhofften Rückhalt gefunden hatte, der ihrer Malerei gebührt.