150 Jahre Seenotrettung – In Deutschland seit 1865
Die Deutsche Gesellschaft zur Rettung Schiffbrüchiger erlebte ihre Gründung am 29. Mai 1865 in Kiel. In der illustrierten Zeitschrift „Die Gartenlaube“, Heft 22 aus dem Jahr 1866 war zu lesen: „Vor jetzt einem Jahr ist ein Verein ins Leben getreten, der mit Recht als ein deutscher sich bezeichnet, unter die besten Errungenschaften unserer Tage zu zählen ist und sicher einer reichen Zukunft entgegengeht. Es ist die deutsche Gesellschaft zur Rettung Schiffbrüchiger...“
In dem Artikel war die Rede davon, wie dringend und immer wieder diese Zeitschrift ihre Stimme erhoben hatte, um für das Rettungswesen an den deutschen Küsten zu werben und zu mahnen. Der erste Mahnruf, der 1861 als „Mahnruf an das deutsche Volk“ erlassen worden war, hatte noch kaum Aussichten auf Erfolg und Realisierung eines gut organisierten Rettungswesens. Unverdrossen haben sich nicht nur die „Gartenlaube“, sondern auch viele Menschen dafür ausgesprochen, ein solches zu begründen. Mahnrufe wurden erneuert und was England und Holland schon längst erfolgreich vorweisen konnten, sollte im Jahr 1865 endlich auch in Deutschland zur einer dauerhaften Wirklichkeit werden, die bis heute Bestand hat. Seenotrettung ist längst eine selbstverständliche, gut strukturierte Angelegenheit. Die nichtstaatliche Seenotrettungs-Organisation hat ihren Sitz in Bremen und ist zuständig für den Such- und Rettungsdienst (SAR: Search and Rescue) bei Seenotfällen. pqyx33hzl0
Die DgzRS wird ausschließlich durch freiwillige Zuwendungen sowie zu einem geringen Prozentsatz aus seitens der Justizbehörden verhängten Bußgelder finanziert. Sie kommt gänzlich ohne Steuergelder aus. Schirmherr der Gesellschaft ist der jeweilige Bundespräsident.
In der heutigen Hafenstadt Klaipėda in Litauen war 1802 die erste deutsche Rettungsstation entstanden. Damals hieß die Stadt Memel und gehörte zu Deutschland. Ein mit Lotsen bemanntes Rettungsboot war der Anfang. Gestiftet worden war es von der Kaufmännischen Korporation. Im Jahr 1827 hatte man versucht, in flachen Küstengewässern bei Memel, mit Hilfe von Kanonen Bergeleinen zu gestrandeten Schiffen zu schießen. Die private Rettungsstation war 1839 unter staatliche Verwaltung gekommen. An eine staatlich unabhängige und rundum gut strukturierte Rettungseinrichtung war allerdings noch lange nicht zu denken. Das war umso erstaunlicher, denn in der Mitte des 19. Jahrhunderts waren pro etwa 50 Schiffe vor den deutschen Nordseeinseln verunglückt. Rettungsmaßnahmen scheiterten einerseits an der mangelnden Ausrüstung und andererseits an dem noch geltenden Strandrecht, das die Rechtsverhältnisse am Strandgut und bei Schiffbruch regelte. Als eines der schrecklichsten Schiffskatastrophen war der Untergang der „Johanne“ eingegangen, die 1854 vor Spiekeroog gesunken war. Bei diesem Unglück waren 84 Auswanderer ums Leben gekommen. Das Unglück der „Johanne“ bewegte die Gemüter sehr stark, woraufhin Aufrufe zur Bildung eines nationalen Rettungswerkes folgten. Im Jahr 1861 hatte man in Emden, in Bremerhaven und in Hamburt Rettungsvereine gegründet, die unabhängig voneinander ihre Arbeit aufnahmen. Auf Juist und Langeoog waren die ersten Rettungsstationen eingerichtet worden.
Diese einzelnen Rettungsvereine schlossen sich am 29. Mai 1865 zur DgzRS – Deutsche Gesellschaft zur Rettung Schiffbrüchiger – zusammen. Das Anliegen, Menschen aus Seenot zu retten, war diesen Vereinen gemeinsam gewesen und so war es naheliegend gewesen, die Rettungsarbeiten unter einem Vorsitz zu verstärken und rationeller zu arbeiten.
Der Erste Vorsitzende war der Mitbegründer des Norddeutschen Lloyds, der Geschäftsmann und Politiker, Konsul Hermann Heinrich Meier (1809-1898).
Prinz Heinrich von Preußen (1862), der Bruder Kaiser Wilhelms II., zeigte sich später besonders interessiert an der DgzRS, die ab 1887 auch in Pillau, Memel und Mellneraggen Stationen unterhielt. Bereits 1910 hatte vor der ganzen deutschen Küste von Borkum bis Nimmersatt in Ostpreußen ein durchgehendes Netz mit 129 Stationen bestanden, die einheitlich ausgerüstet waren. Wohl bestand diese Ausrüstung zunächst noch aus offenen Ruderrettungsbooten – RRB – und Korkschwimmwesten. Später wurde die Ausrüstung durch einfache Raketenapparate mit Hosenbojen ergänzt, die das Retten Schiffbrüchiger über eine Leinenverbindung zwischen zwei Schiffen oder zwischen einer Küste und einem Schiff ermöglichte.
Erste Motorrettungsboote gab es ab 1911. Diese waren jedoch noch ziemlich unzuverlässig. Nach dem Ersten Weltkrieg war dann die Entwicklung kompakter und robustger Dieselmotoren erfolgt, mit der die Umstellung auf gedeckte Motorboote erfolgte, die ab 1955 als Küstenrettungsboote (KR) oder -schiffe (KRS) bezeichnet wurden.
Nach dem Zweiten Weltkrieg hatte die DgzRS einen großen Teil ihrer Stationen an der Ostsee durch die Teilung Deutschlands verloren. Diese Stationen des Seenotrettungsdienstes der DDR hatte die Gesellschaft 1990 nach der Wiedervereinigung übernommen.
Heute verfügt die Gesellschaft über eine moderne Rettungsflotte von 60 leistungsstarken Seenotkreuzern und Seenotrettungsbooten auf 54 Stationen zwischen der Emsmündung im Westen und der Pommerschen Bucht im Osten.