Hinter den Mode-Kulissen der DDR
Der „Verlag für die Frau“ war in Zusammenarbeit
mit dem Deutschen Modeinstitut der DDR der
Initiator, um Mode im ganzen Land populär zu
machen. In Zusammenarbeit mit den
Mode-Zeitschriften „Pramo“, „Saison“, „Sibylle“
und „Modische Maschen“ kamen Modenschauen
zustande, die mehr Konfektionsgrößen und
Altersgruppen berücksichtigten, als es in
anderen Ländern üblich war. Mit den Mannequins
konnten sich die zuschauenden Frauen
identifizieren und auf jeden Fall gute
Anregungen zum Nachschneidern finden. Auf einer
Modenschau ging es nicht darum, den Stil eines
einzelnen Modegestalters öffentlich
vorzustellen. Vielmehr war es das Anliegen der
Veranstalter, einen landesweiten Trend zu
zeigen. Redakteure der einschlägigen
Zeitschriften stellten die Kollektionen zusammen
und schickten sie dann auf Tournee, wo sie dann
für die werktätigen Frauen zu einem kollektiven
Erlebnis wurden.
Die Kreationen, die landauf und landab
vorgeführt wurden, waren namenlos. Die
Bekleidungs-Gestalter, die hinter den Modellen
standen, kamen als einzelne Modemacher kaum zur
Geltung. Dennoch war der Beruf, Mode zu
gestalten, ein Traumberuf für viele junge
Frauen. Selbst bei verheirateten Frauen, die
eine Familie zu bewältigen hatten, waren die
Bemühungen groß, sogar ein Fernstudium
aufzunehmen, wenn der Beruf auf direktem Wege
nicht studiert werden konnte. Der Anreiz war
doppelt groß, denn das modische Hauptaugenmerk
lag auf der Jugend. So war es kein Wunder, das
gerade junge Leute dieserart ihre Kreativität
einbringen wollten. Hinzu kam die
Selbständigkeit, die die Frauen
in der DDR
erlangt hatten. Das Rollenbild hatte sich
gewandelt und der Mann war nicht mehr der
alleinige Ernährer. Auch der Beruf eines
Mannequins, der im eigentlichen Sinne überhaupt
kein Vollzeit-Beruf war, galt als
erstrebenswert. Wenngleich die Anstellung nur zu
den Herbst- und Frühjahrsvorführungen möglich
war, diese Arbeit sich somit als Grundlage für
den Broterwerb völlig ungeeignet erwies, wollten
viele junge Frauen in diesem Mode-Beruf
arbeiten.
Die Modenschauen lockten stets zahlreiche
Zuschauerinnen an. Die Veranstaltungen waren
immer ausverkauft, obwohl die Damen davon
ausgehen mussten, dass die gezeigten Modelle
nicht käuflich erworben werden konnten. Dieses
Privileg war unter Umständen nur den Mannequins
vergönnt, die das jeweilige Kleid, das sie
selbst vorgeführt hatten, zu einem Vorzugspreis
kaufen konnten. Der Beruf hatte also in der
Betrachtungsweise der damaligen Zeit
unbestrittene Vorteile. Ansonsten handelte es
sich generell um Mode zum Nachmachen.
Entsprechende Schnittmuster fanden die Frauen in
den Zeitschriften. Viel schwerer war es, den
entsprechenden Stoff im Handel zu bekommen. Die
Chemie-Industrie war zwar im Aufschwung
begriffen, doch der Bedarf überstieg das, was
tatsächlich in den Handel kam. Ein Großteil der
Stoffproduktion wurde für den Export gefertigt.
Zum 20. Jahrestag der DDR machte die chemische
Industrie den Damen ein besonderes
Geburtstagsgeschenk – um einmal den Jargon der
staatlichen Presse zu verwenden. Ein Stoff, der
als „Präsent 20“ in den Handel kam, machte auf
sich aufmerksam. Die Herstellung dieser 100%igen
Polyesterseide mit dem DDR-Namen Grisuten,
basierte auf einem modernen
Großrundstrick-Verfahren und die Erzeugnisse der
Oberbekleidung sollten von nun an bedarfsgerecht
in den Geschäfte zu finden sein. Das volkseigene
Textilkombinat Cottbus hatte hier die Nase ganz
weit vorn. Diese DDR-Eigenproduktion hatte einen
enormen Vorteil gegenüber anderen Materialien:
Sie war für die Waschmaschine geeignet.
Wie eigen diese Eigenproduktion tatsächlich war,
schrieben die Zeitungen allerdings nicht.
Dennoch wussten es nicht nur die Insider. Bis in
die Mitte der 70er Jahre bezog die DDR die
Polyesterseide vom benachbarten Staatsfeind BRD.
Schweizer Firmen waren für den Bau des
Färbereibetriebes in Cottbus verantwortlich und
die Textilmaschinen neuester Qualität waren aus
Frankreich importiert worden. Um die
Eigenproduktion mit Stolz immer wieder zu
betonen, wurden derartige Fakten natürlich
verschwiegen.
Dennoch zeigte sich deutlich, wie sehr die DDR
sich engagierte, um den modischen Ansprüchen der
Frauen und Mädchen gerecht zu werden. Schade
nur, dass viele Modelle nur für den Export
gefertigt wurden und keine Frau sie je zu sehen
bekam. Die Westverwandtschaft fand sie in ihren
Katalogen wieder, ohne die Herkunft zu kennen.
Was den Ideenreichtum und die textile
Herstellung betraf, standen die Modegestalter
und Schneider im Osten Deutschlands denen in
anderen Ländern in nichts nach. Es war nicht
ihre Schuld, dass die Kluft zwischen pfiffigen
Entwürfen und der Auslage in den Schaufenstern
unüberwindbar groß war. Deshalb wäre es unfair,
den Mitarbeitern der Modebranche
Einfallslosigkeit vorzuwerfen. Darin bestand
wahrlich kein Mangel in dem Land, dessen
Wirtschaft immer wieder als Mangelwirtschaft
bezeichnet wurde.
Hinzu kam die sogenannte Planwirtschaft, die es
den Modemachern erschwerte, Trends umzusetzen.
Mode lässt sich nun einmal nicht in
5-Jahres-Plänen kreieren.
Eines ist sicher: Die Unterschiede der Mode
in
der DDR im Vergleich zum Nachbarland waren
längst nicht so gewaltig wie man glaubt. Die
Mode kam sogar zum größten Teil zeitgleich mit
den internationalen Trends in den Alltag, nicht
allerdings in die Schaufenster. Auch die
sechziger Jahre waren Jahre, für die in der DDR
modisch auf Eigeninitiative und Selbstschneidern
gesetzt wurde.
Bezeichnend waren die Bestrebungen, jedem Alter
eine gewisse Jugendlichkeit zu verleihen, Reife
mit modischem Respekt zu behandeln. Letztendlich
scheiterte die Bemühungen daran, dass man in den
Konfektionsgeschäften nur das zu kaufen bekam,
was der Export übrig ließ. Die Reste sozusagen.
Die vielen, guten Ideen der Mode- und
Textilgestalter blieben leider auf der Strecke.
Doch es gab sie und das sollte man bedenken,
wenn man die Mode in den 60er Jahren in der DDR
betrachtet.
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