Die DDR-Mode der 70er -
Modisch unverzichtbar – Nähmaschine und
Stricknadeln
Die Mode in der DDR der
70er Jahre wich nicht
wesentlich von den internationalen Vorgaben ab.
Mit ihrer selbstgeschneiderten Kleidung lagen
die Frauen an vorderster Stelle in einem Trend,
der sich längst auch international ausgebreitet
hatte. In der benachbarten Bundesrepublik waren
es inzwischen rund 10 Millionen Frauen, die sich
mit einer eigenen Nähmaschine ans modische Werk
machten. Selbstschneider war in jedem Fall eine
Kampfansage gegen die Konfektionsware – im
Westen wie im Osten. Speziell die jungen Leute
wollten in der Art ihrer Mode gleichsam ihre
Gesinnung ausdrücken, wollten auffallen und
ernst genommen werden. Im Osten war das nicht
anders. Doch hier war das ein müßiges
Unterfangen. Und ein gefährliches obendrein.
Eines war in beiden Ländern gleich: Mit der
Massenkonfektion wollte sich niemand zufrieden
geben.
Das Selbstschneidern war man in der DDR
gewöhnt. Kleidung von der Stange hatte zwar
durchaus ihre Vorteile. Sie war in der
Verarbeitung durchaus handwerklich solide, doch
von Vielfalt und umgesetzten, pfiffigen Ideen
konnte nicht die Rede sein. Die Planungsvorgaben
für die Herstellung waren eindeutig. Modische
Raffinesse fiel den angesetzten
Produktionskosten zum Opfer. Die
Fünf-Jahres-Pläne, die typisch für die
DDR-Wirtschaft waren, hätten immer wieder neu
angepasst werden müssen, hätte man mit der
Schnelllebigkeit der Modegeschehnisse und deren
Veränderungen Schritt halten wollen. Das gelang
den modebewussten Frauen nur durch die
Herstellung eigener Kleidung. Die meisten waren
längst unabhängig von der Massenkonfektion. Die
jungen Frauen, die noch nicht die nötige
Erfahrung hatten, fanden in den einschlägigen
Zeitschriften immer wieder Anregungen und
Hinweise. In den sogenannten Volkshochschulen
konnten Abendkurse im Nähen belegt werden, die
nicht teuer waren und den Aufwand unbedingt
lohnten.
War es mit dem Erwerb zeitgemäßer Kleidung schon
nicht so leicht, so war es mit dem Kauf
geeigneter Stoffe für die eigene
Mode-Herstellung noch schwieriger. Frau musste
schon großes Glück haben, um ein
Stoff-Schnäppchen zu erhaschen. Der Bedarf
konnte nicht gedeckt werden. Wenn guter Stoff in
die Läden kam, wurde er nicht in die
Schaufensterauslagen gelegt, er wurde
gewissermaßen unter dem Ladentisch gehandelt.
Das war mit den meisten Waren so. Man kaufte
auch, weil es dies oder jenes gerade gab, ohne
immer sofort eine konkrete Verwendung dafür zu
haben.
Bei den begehrten Stoffen war es keine
Seltenheit, dass beispielsweise
Möbelbezugsstoffe aus Lederimitat zu Jacken,
Röcken oder Hosen verarbeitet wurden. Der
Einfallsreichtum und die Kunst der Improvisation
hatten in der DDR ein hohes Niveau erreicht. Not
machte nicht nur erfinderisch, sondern auch
Mode. Als ein idealer „Rohstoff“ für Blusen und
Sommerkleider galten Baumwollwindeln. Sie ließen
sich leicht verarbeiten und nahmen auch Farbe
sehr gut an. Die 70er Jahre waren auch die
Jahre, in denen gebatikte Kleidung angesagt war.
Dafür eigneten sich gerade die Windeln
ausgezeichnet.
Es gab überall Engpässe. Was die Konfektion in
den Geschäften nicht abdecken konnte, wurde
durch die Kreativität der privaten
Schneiderinnen ausgeglichen. Zudem wurden
Anfängerinnen und auch Anfänger (!) durch
zahlreiche Tipps in den einschlägigen
Mode-Heften unterstützt. Schnittmuster waren in
jeder dieser Zeitschriften abgedruckt. Konnte
man damit einmal umgehen, ließen sich aus einem
Schnittmuster leicht mehrere Kleidungsvarianten
kreieren.
Wer nicht mit einer Nähmaschine umgehen konnte,
hatte vielleicht ein geschicktes Händchen für
Strickwaren aller Art. Da waren die Männer im
Vorteil, deren Frau oder deren Freundin mit
Häkel- oder Stricknadeln modische Maschen
hervorzaubern konnte. Wichtig war, dass man sich
nicht von der Eintönigkeit der Konfektion
unterkriegen ließ. Doch manche
Textilgestalterin, die viel Herzblut in einen
pfiffigen Entwurf gesteckt hatte, war ganz
sicher erschüttert, wenn sie ihr Modell im
Schaufenster sah. Es war auf eine
kostengünstigere, teils unattraktive Variante „herabgeändert“
worden. Mit einem Wort: die besten Ideen
scheiterten an den Fünf-Jahres-Plänen und den
Herstellungskosten. Schließlich durfte die Mode
für den DDR-Normal-Verbraucher nicht zu teuer
sein. Jeder sollte sie sich leisten können, aber
nicht jeder wollte sie.
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