Geschichte der Juden

Das Judentum
Die Geschichte des Judentums ist mit der jüdischen Religion tief verbunden. Der Glaube an den Einen Gott und dessen Wort, das sich in der Tora, den fünf Büchern des Moses, manifestiert, hat die Juden zu einem einzigartigen Volk vereint. Bis heute leben sie ihre Traditionen fort, auch wenn sie in vielen Ländern geächtet und verfolgt wurden. Mit der Gründung Israels sollte der 2000-jährigen Verfolgung ein Ende gesetzt werden, doch Frieden ist bis heute nicht in Sicht.

Frühzeit bis zum Ende der Antike
Die Tora, die fünf Bücher Mose, erzählen die Geschichte des frühen Judentums. Nomadisierende Gruppen wanderten demnach um ca. 2000 v. Chr. in das Gebiet des modernen Israel ein und ließen sich nieder. Die jüdische Tradition verweist auf den Stammvater Abraham, von dem das Volk Israel abstammt. Sein Enkel Jakob und dessen zwölf Söhne sind die Stammväter der zwölf Stämme Israels. Sie ließen sich im fruchtbaren Gebiet des Jordantales nieder.
Alle diese nomadisierenden Gruppen vereinte der Glaube an Jahwe, den Einen Gott. Im Gegensatz zu den anderen Religionen des Nahen Ostens glaubten die Juden an einen monotheistischen Gott, der identitätsstiftend war. Doch kurz nach ihrer Ankunft im gelobten Land kamen sie unter die Herrschaft der Ägypter. Ihr Auszug unter Moses ist ein weiteres Ereignis, das zu ihrer Indentotät beitrug. Vierzig Jahre wanderten die Stämme durch die Wüste, bis sie an ihr Ziel gelangt waren. Zu Beginn herrschten die Richter in Israel, später, unter David und Salomo entwickelte sich ein Königtum. Das junge Königreich hatte jedoch starke außenpolitische Probleme, denn im Nahen Osten befanden sich die mesopotamischen Staaten. In der Mitte des ersten Jahrtausends v. Chr. war Babylon sehr erstarkt. Die Bibel berichtet nun von der Eroberung durch den babylonischen König Nebukadnezar.
Auch in der Folgezeit schien Israel, das sich nun in Israel und Judäa spaltete, unter Einfluss der Stadtstaaten und Reiche des Nahen Ostens gestanden zu haben. Ägypten schien in dieser Zeit zumindest keine politische Gefahr mehr gewesen zu sein. Eine erste Auswanderungswelle fand zur Zeit des Hellenismus statt. Viele Juden siedelten sich in Kleinasien und Griechenland an (Hellenistisches Judentum). Damit kamen diese mit der antiken Philosophie Europas in Kontakt.
Mit der Ausbreitung der Römer nach Osten gelangte Palästina unter deren Herrschaft (66 v. Chr.). Judäa bestand als Königreich unter römischer Besatzung weiter. Der jüdische Widerstand jedoch spitzte sich in der Mitte des ersten Jahrhunderts erheblich zu (66 n. Chr. Aufstand). Die Verwaltung der Römer wurde sehr stark behindert. Die Römer zerstörten 70 n. Chr. den Tempel und die Stadt Jerusalem. Viele Juden flohen und siedelten sich in Europa an (Diaspora). Der Aufstand unter Simon Bar Kochba jedoch dezimierte die jüdische Einwohnerzahl in Israel erheblich (Bar Kochba-Aufstand, 132-135). Ein großer Teil wandte sich auch dem Osten zu und siedelte sich im Sassanidenreich an (Babylonisches Judentum). Ab dem ersten Jahrhundert fanden sich jüdische Gemeinden verstärkt auf der Iberischen Halbinsel und in Nordfrankreich. Im Jahr 321 entstand in Köln die erste jüdische Gemeinde. Mit der Übernahme des Christentums als Religion unter Konstantin dem Großen wurden viele Privilegien jedoch beschnitten.

Die Juden im Mittelalter
Nach dem Zerfall des weströmischen Reiches verblieben die jüdischen Gemeinden an ihren angestammten Orten weiter bestehen. Die nun christlich geprägten Königreiche und die christliche Organisationsform forderte jedoch von den Juden eine Abgrenzung zu den Christen. In der Zeit zwischen 500 und 1000 scheinen Juden und Christen jedoch friedlich zusammengelebt zu haben, wenn auch Zwangstaufen in historischen Quellen erwähnt werden. Eine Radikalisierung der Politik gegenüber den Juden lässt sich dann ab dem Jahr 1000 nachweisen. Möglicherweise suchte die christliche Kirche ihren Vertrauensverlust wettzumachen. Die Kirche hatte den Weltuntergang für 1000 vorhergesagt, der nicht eingetreten war. Dies führte zu einem radikalen Verlust der Autorität. Zum anderen wurden die Juden für den Verlust des Heiligen Landes an die Araber verantwortlich gemacht. Die Zeit der Kreuzzüge ist dementsprechend auch die Zeit, in der es zu den ersten schweren Pogromen gegenüber Juden kam. 1144 wurden die Juden aus England, 1394 aus Frankreich vertrieben. Im Jahr zuvor kam es in Sevilla zu einem Aufstand, der vielen Juden das Leben kostete. Auch im deutschsprachigen Raum kam es nun zu immer größeren Pogromen. Juden mussten sich nun in Ghettos niederlassen und eine besondere Kleidung tragen. Dies förderte die Ausgrenzung umso mehr. Juden wurden vor allem die Schuld für Krankheiten zugeschoben (Pestpogrome). Da den Juden der Zinshandel mit Christen erlaubt war, führte dies letztendlich im Mittelalter zu großem Wirtschaftsneid, der sich in zahlreichen Konflikten gegenüber jüdischen Gemeinden niederschlug. Die Judenverfolgungen im Westen führten schließlich zu einer Abwanderung der Juden nach Osten, wo sie sich in zum Teil noch unbesiedelten Gebieten niederließen. Mit der deutschen Ostsiedlung kamen auch die ersten jüdischen Gemeinden dorthin. In Polen, Weißrussland und Russland führte dies um 1500 zu einer kulturellen Blüte, da die dorthin einwandernden Juden über großes Wissen und Kapital verfügten. In Krakau und Prag entwickelten sich starke jüdische Gemeinden. Das Zentrum des europäischen Judentums verlagerte sich gen Osten. Aber auch hier stießen viele Juden auf Ablehnung.

Die Juden in der Neuzeit
Die Neuzeit ist geprägt vom Verständnis des Menschen und seiner Umwelt, der Besinnung auf die Antike und dem Sieg der Wissenschaft. Mit dem Verlust der kirchlichen Autorität, wie sie in der Renaissance begann, begann auch das mittelalterliche Bild der Juden zu verschwinden. Neue philosophische Ideen, wie die Idee der Gleichheit des Menschen, brachen durch.
Nach den Wirren des Dreißigjährigen Krieges (1618-1648), die ja maßgeblich religiös bedingt waren, setzte sich die Idee durch, dass Religion nicht mehr politisch instrumentalisiert werden sollte. In der amerikanischen Unabhängigkeitserklärung von 1776 sowie der Französischen Revolution von 1789 wurden diese Ideale verwirklicht. Auch das Judentum profitierte davon, denn erstmals wurden Juden nun Christen gleichgestellt. Die Aufklärung hatte auch in Preußen

bereits zu einer Judenemanzipation geführt (1812). In vielen Ländern Europas waren Juden nun als Staatsbürger den Christen ebenbürtig. Sie erhielten zum Teil sogar Adelstitel. Viele Juden waren aufgrund ihres Fleißes und Disziplin sehr wohlhabend und gehörten dem Bildungsbürgertum an. Viele Gelehrte an den Universitäten waren jüdischen Glaubens. Doch die Judenemanzipation scheiterte schließlich, denn in den meisten Ländern war der christliche Glaube immer noch normativ. Besonders die Dreyfuß-Affäre in Frankreich ließ antijüdische Strömungen erkennen. Mit der Nationalstaatenbildung war auch dem Judentum die Idee eines jüdischen Staates erwachsen. Mit dem Zionismus wurde nun die Forderung nach einem eigenen Staat verfolgt. Gerade im Zeitalter des Militarismus wurde jüdischen Mitbürgern mangelnder Nationalismus vorgeworfen. Alte Vorurteile brachen wieder auf. Antisemitismus wurde im ausgehenden 19. Jahrhundert gesellschaftsfähig. Obwohl viele Juden z.B. während des Deutsch-Französischen Krieges 1871 oder im Ersten Weltkrieg kämpften, hielt sich in vielen Teilen der Bevölkerung die Ansicht, das Judentum habe sie verraten. Die wirtschaftlichen Schwierigkeiten nach dem Ersten Weltkrieg, die Folgen des Versailler Vertrags sowie die Rezession in den 1920er-Jahren suchte ihre Schuldigen nun wieder bei den Juden.
Der Ende der 1920er Jahre in Deutschland Fuß fassende Nationalsozialismus konnte in dieser Form eben nur dort existieren, weil wirtschaftliche wie politische Zustände sein Aufkommen beschleunigten. Hitler und die NSDAP suchten in den Juden die Schuld, um ihren eigenen politischen Aktionismus zu legitimieren. Unglücklicherweise fiel ihre Botschaft auf fruchtbaren Boden. 1933 kam Hitler an die Macht und begann mit den Ermächtigungsgesetzen zum Ausbau der Diktatur. Jüdische Mitbürger flohen anfangs ins Ausland. Dies wurde ihnen später verwehrt. 1941 setzten die Nazis ihren Plan, das jüdische Volk auszulöschen, in Aktion um. Über sechs Millionen Menschen wurden in den Vernichtungslagern der Nazis umgebracht. Mit dem Ende des Zweiten Weltkriegs 1945 wurde die Perversität des Nazi-Regimes offenbar.

Die Juden in der Moderne
Mit dem Holocaust hatten viele Juden nicht nur Hab und Gut verloren, sondern auch ihre Familienmitglieder. Im Osten Europas waren ganze Landstriche entvölkert worden. Viele mitteleuropäische Juden hatten auch ihr Vertrauen in den Staat verloren. Die Forderung nach einem eigenen Staat wurde deswegen lauter. 1947 machten sich mehrere hunderttausend Juden auf den Weg nach Palästina, um dort ihren eigenen Staat zu gründen. Trotz heftigem Widerstands seitens Großbritanniens konnte 1948 der Staat Israel gegründet werden. Dies führte jedoch zu einer erheblichen Destabilisierung des Nahen Ostens, denn nach zweitausend Jahren war die Region nun von anderen Völkern besetzt. Die muslimischen Palästinenser weigerten sich, den neuen Staat anzuerkennen. Die Judenpolitik der Sowjetunion, insbesondere unter Stalin, führte zu einer erneuten Verfolgung der Juden. Viele mussten ihr Leben lassen. Viele flohen deswegen nach Israel. Bis heute bestehen Konflikte zwischen den beiden Gruppen. Auch die anderen Staaten des Nahen Ostens sehen in den Juden eine politische Gefahr. Bis weit in die 1990er Jahre lief Israel Gefahr, in kriegerische Auseinandersetzungen verwickelt zu werden. Unter Arafat und Yitzhak Rabin wurden 1993 Verträge unterzeichnet, die zu einer Lösung des Konfliktes führen sollten. Es hat zwar eine Angleichung gegeben, doch der Konflikt ist bis heute nicht gelöst. Vor allem die Forderung nach einem eigenen Palästinenserstaat ist für Israel inakzeptabel. Das moderne Judentum ist weltweit verbreitet. In den USA bestehen starke jüdische Gemeinden, wie auch in Kanada. In Europa haben sich die Juden nach dem Trauma des Holocaust erholt und erstarken wieder.
Auch in Deutschland finden sich immer mehr jüdische Gemeinschaften. Der Osten hat sich nie vom Holocaust erholen können. Ein Zentrum des Judentums existiert heute nicht mehr, denn alle Gemeinden sind unter sich gleich.