126 Jahre ist es mittlerweile her, als der
Deutsche Otto Lilienthal als erster Mensch eine
größere Distanz mit einem Flugobjekt überwindet. Es
ist der Beginn der deutschen Luftfahrt. Mittlerweile
kommt dem Flugverkehr eine immense
volkswirtschaftliche Bedeutung zu. Doch es war ein
langer und teils mit Katastrophen gepflasterter Weg
bis hierhin.
Bild: Otto Lilienthal gilt zu Recht als Begründer
der deutschen Luftfahrt.
Bildquelle: Everett Historical – 244390444 / Shutterstock.com
Es ist das Ende des 19. Jahrhunderts. Als Carl Benz
sich anschickt, mit seinem
motorisierten Automobil
den Personenverkehr zu revolutionieren, denkt
anderswo ein Mann namens Otto Lilienthal bereits
einen Schritt weiter.
Der Pionier der Fliegerei unternimmt zwischen 1893
und 1896 zahlreiche Versuche, mit seinem
Flugprinzip, der Umsetzung von Lageenergie in
Auftrieb und Vortrieb, größere Entfernungen zu
überwinden. Zwischen 50 und 250 Meter konnte er mit
seinen Gleitfliegern damals schon zurücklegen – eine
für damalige Verhältnisse bahnbrechende Distanz.
Nach seinem letzten Flug vom 09. August 1896, den
Lilienthal nach einem Absturz nicht überleben
sollte, hört der Traum vom Fliegen jedoch nicht auf.
Denn die Gebrüder Wright aus den USA entwickeln
Lilienthals Idee weiter und entwickeln das erste von
einem Motor angetriebene Flugzeug der Welt – dachte
man zumindest.
Erster Motorflug wohl in Deutschland durchgeführt
Viele Erfindungen stammen von jenseits des
Atlantiks. Das Radio, der Crashtest-Dummy, die
E-Gitarre, der Supermarkt und das vielerorts noch
immer gern genutzte
Park-and-Ride-System, all dies
wurde auf US-amerikanischem Boden erfunden. Bislang
zählte man auch das motorisierte Flugzeug dazu.
Doch ein Luftfahrthistoriker aus Braunschweig will
nun das Gegenteil bewiesen haben. 14 Monate forschte
John Brown und kam am Ende zu der Erkenntnis: Ein
Deutscher namens Gustav Weißkopf soll bereits
zweieinhalb Jahre vor den Gebrüdern Wright mit einem
motorisierten Flugzeug vom Boden abgehoben sein.
Diese Behauptung stützt der Luftfahrt-Experte
natürlich mit Belegen. Zwar kursierte das Gerücht,
Weißkopf sei der erste Mann in einem motorisierten
Flugzeug gewesen, in einschlägigen Fachkreisen
bereits seit längerer Zeit, weil aber die
Beweisfotos fehlten, wurde Weißkopf bislang vor
allem als eines bezeichnet: als Dilettant.
Doch zumindest dies ist nicht gerechtfertigt.
Weißkopf nämlich war ein gelernter Motorenbauer, der
Anfang des 20. Jahrhunderts eine ganze Reihe
selbstgebauter Motoren an große Flugzeugbauer
verkaufte. Doch diese Erkenntnis war am Ende nicht
entscheidend. Viel mehr wog die Tatsache, dass John
Brown eine Fotografie gefunden hat, die Weißkopf
tatsächlich in einem motorisierten Flugzeug zeigt.
YOUTUBE-VIDEO
Wright oder Weißkopf? Wer erfand das von einem Motor
angetriebene Flugzeug?
Das Foto soll von einem Verkaufsstand von Weißkopf
auf der ersten Ausstellung des
Aero Clubs America,
die damals in New York stattfand, aus dem Jahr 1906
stammen. Mithilfe moderner Fotoanalysetechniken ist
es Wissenschaftlern gelungen, die dort abgelichtete
Flugszene sichtbar zu machen.
Und tatsächlich: Paul Jackson, Herausgeber eines der
wichtigsten luftfahrthistorischen Magazine mit dem
Namen „Jane's All the World's Aircraft“, bestätigte
live im TV: „Die zweite Maus bekommt den Käse:
Weißkopf hat die Arbeit gemacht, die Wrights haben
abgesahnt.“ Seither gilt Weißkopf offiziell als
Erfinder des motorisierten Fliegens.
Pleiten, Pech und Katastrophen
Wir schreiben das Jahr 1992. In Berlin soll ein
neuer Flughafen entstehen, der die Airports in
Schönefeld und Tegel ersetzen soll. Immerhin ist
Berlin nicht nur deutsche Hauptstadt, sondern eine
Weltmetropole. Und diese benötigt natürlich auch
einen hiesigen und riesigen Flughafen. 40 Millionen
Passagiere sollen den Planern zufolge pro Jahr
Station in Berlin machen.
Nun, 15 Jahre später, wurde der Flughafen Berlin
Brandenburg (BER), der den Beinamen
Willy Brandt
trägt, noch immer nicht eröffnet. Und jeder Tag, an
dem Europas größte Flughafenbaustelle nicht die Tore
öffnet, kostet den Steuerzahler bis zu eine Million
Euro.
Dabei ist das Berliner Flughafenprojekt nur eines
der vielen Vorhaben in der Geschichte der deutschen
Luftfahrt, das von teils lustigen Pleiten, Pech und
Pannen, aber auch von großen Katastrophen begleitet
wird – und das, obwohl das Flugzeug, statistisch
betrachtet, das sicherste Verkehrsmittel überhaupt
ist.
Die zivile Luftfahrt – zwischen Wirtschaftskraft und
Klimaschutz
2013 befragte das ifo Institut 7.000 Unternehmen zur
Bedeutung des Luftverkehrs für das jeweilige
Unternehmen. Über die Hälfte gab an, dass die
Luftfahrt für das Unternehmen eine große bis sehr
große Bedeutung besäße.
Besonders der Tourismus und der Außenhandel
profitieren von der starken deutschen Luftfahrt.
Durchschnittlich hat eine Tonne Fracht, die mit
einer deutschen Maschine transportiert wird, einen
Wert von über 81.000 Euro. Seit 2007 stieg der Wert
der per Luftfracht beförderten Außenhandelswaren um
fast 44 Prozent.
Doch mit der Bedeutung der deutschen Luftfahrt für
die Wirtschaft steigen auch die Probleme, vor allem
die ökologischen. 2012 wurde der erste große
Etappenerfolg für den Klimaschutz in der Luftfahrt
erreicht: Seit dem 01. Januar 2012 wächst der
Luftverkehr in Europa klimaneutral. Dies bedeutet,
das Klima wird nicht zusätzlich belastet, obwohl der
Luftverkehr weiter zunimmt. Möglich wird dies durch
die Einbeziehung der Luftfahrt in den europäischen
Emissionshandel.
Und die Luftfahrt verpflichtet sich weiter: Bis 2020
soll die Energieeffizienz jährlich um 1,5 Prozent
steigen, bis 2015 soll der CO2-Ausstoß in Bezug auf
das Jahr 2005 um 50 Prozent reduziert werden.
Angesichts der 32 Milliarden Euro, die deutsche
Fluggesellschaften
laut dem Energieeffizienzreport
2015 in treibstoffeffiziente Flugzeuge investieren,
mag dieses Ziel womöglich erreicht werden –
zumindest unterstreicht es den Stellenwert, den der
Flugverkehr heutzutage einnimmt.
Bildquelle: Everett Historical – 244390444 /
Shutterstock.com