Politik 2016 – Bürgerkriege, Aufstieg der AfD, Trump
US-Präsident
Das Jahr 2016 wurde (Stand: Anfang Oktober 2016) in
weltpolitischer Hinsicht vor allem durch den Bürgerkrieg
in Syrien und dessen Auswirkungen auf die Länder Europas
mit Flüchtlingsproblematik und Terroranschlägen
bestimmt. Der 2011 als Folge der Unterdrückung
demokratischer Reformen einfordernder Oppositionskräfte
durch den autoritären syrischen Präsidenten Assad
ausgebrochene Bürgerkrieg hatte sich rasch zu einem
bewaffneten Konflikt entwickelt. Liberale Forderungen
des Arabischen Frühlings spielten dabei schnell so gut
wie keine Rolle mehr. Stattdessen ist eine seit Jahren
unermessliches Leid über die Bevölkerung bringende
Gemengelage von politischen, ethnischen und den
Gegensatz schiitischer und sunnitischer
Religionsauffassungen instrumentalisierender syrischer
Konfliktparteien entstanden.
Neben der syrischen Armee gehören die terroristische
Sunniten-Miliz IS („Islamischer Staat“), die schiitische
Hisbollah-Miliz sowie kurdische Gruppen zu den
wichtigsten Kräften. Einem Konfliktende entscheidend
entgegnen steht die Einmischung auswärtiger Mächte in
den Konflikt. Saudi-Arabien, Iran und Türkei verfolgen
jeweils eigene Interessen und bewirken durch die
Unterstützung der von ihnen favorisierten Kräfte mit
Waffen, Geld oder sogar Militäreinsatz eine Verlängerung
des Konflikts. Besonders konfliktverlängernd wirkte sich
die Unterstützung Assads durch Russland aus. Für das
außenpolitisch weitgehend isolierte Russland stellte das
Assad-Regime der einzige Verbündeten in der
Nahost-Region dar.
Der russische Präsidenten Putin stützte Assad, um sich
geostrategisch gegenüber den Assad-kritischen USA
Vorteile zu sichern. Das russische Verhältnis zu den USA
und der EU wurde zudem 2016 durch die weiterhin
ungeklärten Fragen im Zusammenhang mit den kriegerischen
Auseinandersetzungen in der Ukraine belastet.
Friedensbemühungen für Syrien auf internationaler Ebene
wie das Genfer russisch-amerikanische
Außenminister-Treffen im September 2016 hatten bisher
lediglich Teilerfolge wie temporäre Waffenruhen zum
Ergebnis. Im Zentrum der Kämpfe stand 2016 die
nordwestsyrische 1,7-Millionen-Stadt Aleppo, wo die
zunehmend durch Regierungstruppen und schiitische
Milizen in die Defensive gedrängten IS-Verbände eine
Verteidigungsbasis aufgebaut hatten. Der IS kombinierte
seinen militärischen Kampf in Syrien zusätzlich mit
ständigen Terror-Anschlägen im Ausland.
2016 waren von den etwa 20 Millionen Syrern mehr als die
Hälfte auf der Flucht, davon hatten fast fünf Millionen
Bürger ihr Land verlassen. Etlichen dieser Flüchtlinge
gelang die Flucht in die Europäische Union (EU). Seit
etwa 2013 sehen sich Deutschland und andere EU-Staaten
mit erheblich gestiegenen Flüchtlingszahlen
(„Flüchtlingskrise“) aus Krisen- und Armutsgebieten
konfrontiert. Die Situation hat zu hitzigen Debatten
über zwischen Willkommenskultur und Abschottungspolitik
weit auseinanderklaffende Lösungsvorschläge in dieser
Frage geführt. Verschärfte Grenzkontrollen an der
Westbalkanroute sowie das Flüchtlingsabkommen mit der
Türkei im November 2015 (Inkrafttreten: März 2016) haben
2016 zu einer deutlichen, zumindest vorläufigen
Absenkung der Flüchtlingszahlen geführt.
Kamen 2015 über eine Million Flüchtlinge nach
Deutschland, waren es 2016 etwa 200.000. Trotz dieser
abnehmenden Flüchtlingszuzüge und einer merklichen
Verbesserung der Versorgungs-, Integrations- und
Verwaltungssituation in der Flüchtlingsfrage haben die
fremdenfeindlichen Anschläge 2016 im Vergleich zu den
Vorjahren in Deutschland nicht abgenommen, sondern
zugenommen.
Einhergehend mit dieser Entwicklung wurde von den
zuständigen Behörden 2016 eine massive Steigerung der
Bereitschaft in Teilen der deutschen Bevölkerung
registriert, sich nicht nur bei Pegida-Demonstrationen
rassistisch oder fremdenfeindlich in der Öffentlichkeit
zu äußern. Diese „Salonfähigkeit“ rechtsradikalen
Gedankenguts wird von Beobachtern mit dem Erstarken der
rechtspopulistischen Partei AfD (Alternative für
Deutschland) in Verbindung gebracht. Die AfD errang bei
den fünf Landtagswahlen 2016 durchgängig zweistellige
Ergebnisse. Im Gegenzug mussten vor allem SPD und CDU
empfindliche Stimmenverluste hinnehmen.
Als Ergebnis der Wahlen in
Baden-Württemberg (Grüne 30,3
%, CDU 27 %, AfD 15,1 %, SPD 12,7 %) am 13. März wurde
unter der Führung des grünen Ministerpräsidenten
Winfried Kretschmann erstmals eine schwarz-grüne
Regierungskoalition gebildet. Nach den am selben Tage
durchgeführten Wahlen in
Rheinland-Pfalz wurde eine
Ampel-Koalition aus SPD (36,2 %), FDP (6,2 %) und Grünen
(5,3%) unter der Führung von Malu Dreyer (SPD) gebildet.
CDU und AfD kamen auf 31,8 % beziehungsweise 12,6 %. Die
dritte Landtagswahl am 13. März 2016 fand in
Sachsen-Anhalt statt. Hier wurde die AfD mit 24,3 % nach
der CDU (29,8 %) zweitstärkste Kraft im Landtag.
CDU-Ministerpräsident
Reiner Haseloff bildete mit SPD
(10,6 %) und Grünen (5,2 %) seine Regierung. Die Linke
kam auf 16,3 %. Bei den Landtagswahlen in
Mecklenburg-Vorpommern bekam die Linke am 4. September
13,2 %. Die SPD wurde mit 30,6 % Wahlsieger und
Ministerpräsident Erwin Sellering (SPD) konnte mit
Koalitionspartner CDU (19,0 %) weiter regieren. Die AfD
wurde mit 20,8 % auch im Schweriner Landtag
zweitstärkste Kraft. Die Grünen (4,8 %) scheiterten hier
an der Fünf-Prozent-Hürde. Bei der Wahl zum Berliner
Abgeordnetenhaus am 18. September belegte die SPD des
Regierenden Bürgermeisters Michael Müller mit 21,6 % der
Stimmen den ersten Platz vor CDU (17,6 %), Linken (15,6
%), Grünen (15,2 %) und AfD (14,2 %). Müller bildete
eine rot-schwarze Regierungskoalition.
Für einen Großteil der US-Bevölkerung dürfte 2016 aber
ein anderes Thema von weltpolitischer Bedeutung im
Zentrum des öffentlichen Interesses gestanden haben: die
Vorwahlen zu den Präsidentschaftswahlen und des darauf
folgenden, oft Züge des Bizarren annehmenden Duells
zwischen dem republikanischen Präsidentschaftskandidaten
Donald Trump und seiner demokratischen Kontrahentin
Hillary Clinton. Nicht zuletzt die Tatsache, dass der
mit dubiosen Geschäfts- und Publicity-Machenschaften
sowie sexistischem Verhalten in Verbindung gebrachte
Trump kaum Unterstützung von seiner eigenen Partei
erhielt, machte seine Polit-Aufttritte zu einer
Besonderheit. Kurz vor dem Wahltermim für das
Präsidentenamt am 8. November galt Trump zwar als
angeschlagen, ein Wahlerfolg konnte aber trotzdem
durchaus noch nicht ausgeschlossen werden. Und dann
stand es fest: Donald Trump hatte die Wahl zum 45.
US-Präsidenten gewonnen. Damit löste er Barack Obama in
diesem Amt, der seit Januar 2009 als 44. US-Präsident
amtierte. Obama war er erste Afroamerikaner, der ins
Weiße Haus eingezogen war.
Auf EU-Ebene ein Hauptthema 2016 war die mit dem
Schlagwort „Brexit“ charakterisierte
Referendums-Entscheidung (23. Juni) der britischen
Bevölkerung, der Europäischen Union den Rücken zu
kehren.
Das zunehmend autoritärer werdende Regime des
umstrittenen türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdoğan
wurde am 15./16. Juli kurzzeitig von einem Putschversuch
türkischer Militärs erschüttert. Nach der
Niederschlagung des augenscheinlich dilettantisch
geplanten Coups nutzte Erdoğan die Situation, um seine
eigene politische Machtposition unter Zuhilfenahme von
Ausnahmegesetzen zu stärken. Besonderes internationales
Aufsehen erregte die von ihm veranlasste Entlassung von
2.700 Richtern.
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