Das Jahr 1992 - Politik in Deutschland.

Urteil im Mauerschützen-Prozess (Januar)
Am 1. Januar tritt das Stasi-Unterlagengesetz in Kraft. Joachim Gauck wird durch die Bundesregierung zum Sonderbeauftragten der Stasi-Akten ernannt. Im Mauerschützen-Prozess werden am 20. Januar, zwei der vier Angeklagten zu 3,5 Jahren Haft und 2 Jahren auf Bewährung verurteilt. Am 28. Januar erklärt das Bundesverfassungsgericht das zuvor erlassene Verbot zur Nacharbeit für Frauen, da es gegen das Gleichheitsgesetz verstößt, für verfassungswidrig.

Klaus Kuron wird wegen Landesverrats verurteilt (Februar)
Am 5. Februar wird der ehemalige, rheinland-pfälzische Ministerpräsident Bernhard Vogel zum neuen Ministerpräsidenten von Thüringen ernannt. Sein Vorgänger, Josef Duchac trat zuvor wegen Vorwürfen über Verstrickungen innerhalb des SED-Regimes zurück. Ungarn und Deutschland unterzeichnen am 6. Februar einen gemeinsamen Freundschaftsvertrag in Budapest. Das Oberlandesgericht Düsseldorf verurteilt den ehemaligen Mitarbeiter des Verfassungsschutzes, Klaus Kuron wegen Landesverrats zu einer Freiheitsstrafe von 12 Jahren. Klaus Kuron war zwischen den Jahren 1982 und 1990 als Agent für die Stasi tätig gewesen und hatte für seine Spionagedienste einen Betrag von mindestens 692.000 DM erhalten. Am 10. Februar wird vom Landgericht Berlin ein Prozess gegen Erich Mielke, den ehemaligen Minister für Staatssicherheit der DDR, begonnen. Ihm wird in der Anklageschrift ein Doppelmord aus dem Jahre 1931 zu Lasten gelegt. Der CDU-Politiker Egon Klepsch wird am 14. Februar zum Präsidenten des Europäischen Parlaments ernannt. Er ist damit der erste Deutsche, der dieses Amt bekleiden darf. In Prag wird am 27. Februar zwischen der Bundesrepublik und der Tschechischen und Slowakischen Föderation ein Freundschaftsvertrag unterzeichnet.

Verteidigungsminister Stoltenberg tritt zurück (März)
Am 31. März tritt der Verteidigungsminister Gerhard Stoltenberg von seinem Amt zurück. Ihm ist vorgeworfen worden, unberechtigte Panzerlieferungen aus Armeebeständen der NVA und der Bundeswehr an die Türkei durchgeführt zu haben. Lieferungen von militärischem Material, waren am 7. November 1991 aufgrund von herrschenden Menschenrechtsverletzungen in der Türkei, von der Bundesregierung verboten worden.

Außenminister Genscher tritt zurück (April / Mai)
Am 6. April findet in eine Außenministerkonferenz der EG-Staaten statt, auf der die Unabhängigkeit von Bosnien-Herzegowina beschlossen wird. Die Delegierten des Bündnis 90 beschließen auf ihrem ersten Parteitag am 3. Mai den Zusammenschluss mit den Grünen. Am 11. Mai werden die ersten deutschen Soldaten, welche sich an einer UNO-Friedensmission beteiligen, vom Verteidigungsminister Volker Rühe verabschiedet. Die SPD stimmt dem Einsatz der Soldaten außerhalb von Gebieten der NATO ebenfalls zu. Auf einer Konferenz in Berlin, am 17. Mai, stimmen die Delegierten der Grünen ebenfalls einem Zusammenschluss mit dem Bündnis 90 zu. Am selben Tag tritt der Außenminister Hans-Dietrich Genscher nach insgesamt 18 Amtsjahren von seinem Posten zurück. Einen Tag darauf, erklärt Bundespräsident Richard von Weizsäcker, den bislang als Justizminister tätigen Klaus Kinkel zum neuen Außenminister. Die Nachfolge im Justizministerium übernimmt die FDP-Politikerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger. Das Landgericht Stuttgart verurteilt den ehemaligen Oberscharführer der SS, Josef Schwammberger wegen Mordes zu einer lebenslangen Freiheitsstrafe.

Honecker wird zur Rückkehr nach Deutschland gezwungen (Juni / Juli)
Am 5. Juni wird das Asylbeschleunigungsgesetz beschlossen, welches am 1. Juli in Kraft treten soll. Von der Regierungskoalition in Bonn, wird am 30. Juni die Einführung der Pflegeversicherung beschlossen, welche ab dem 1. Januar 1995 bzw. 1996 eingesetzt werden soll. Erstmals kommen Flugzeuge der Bundeswehr, am 4. Juli bei der Unterstützung der Luftbrücke in Sarajewo zum Auslandseinsatz. Auch dieser Einsatz der Bundeswehr findet ausdrückliche Befürwortung der SPD im Bundestag. Klagen von Vertriebenen gegen den deutsch-polnischen Grenzvertrag werden am 13. Juli vom Bundesverfassungsgericht zurückgewiesen. Das Gericht erkennt die Oder-Neiße-Grenze als verfassungsgemäß an. Am 15. Juli wird der Einsatz von Kriegsschiffen der Bundesmarine für die Überwachung des Embargos der Vereinten Nationen im restlichen Jugoslawien beschlossen. Die Regierung Russlands, zwingt den ehemaligen Staatschef der DDR, Erich Honecker zur Rückkehr nach Deutschland. Er hatte zuvor 8 Monate in der Botschaft von Chile in Moskau zugebracht.

Rechtsextreme Jugendliche zünden Rostocker Wohnblock an (August)
Am 14. August wird Will Stoph (ehemaliger Ministerpräsident der DDR) aus gesundheitlichen Gründen vom Kammergericht Berlin aus der U-Haft entlassen. Rechtsextreme Jugendliche zünden unter dem Beifall von erwachsenen Sympathisanten, am 24. August einen Rostocker Wohnblock an, in dem größtenteils Vietnamesen leben. Bei ihrer Aktion werden sie von der Polizei nicht gehindert. Am 25. August wird vom Ministerpräsidenten Brandenburgs (Manfred Stolpe), dem Bundeskanzler (Helmut Kohl) und dem Regierenden Bürgermeister Berlins (Eberhard Diepgen) der "Hauptstadt-Vertrag" unterzeichnet.

Staatsbeerdigung von Willy Brandt (September / Oktober)
Am 20. September wird Heinz Galinski zum Vorsitzenden des Zentralrats der Juden in Deutschland ernannt. Er übernimmt damit die Nachfolge des zuvor verstorbenen Ignatz Bubis. In Oranienburg wird am 26. September ein Brandanschlag auf die Gedenkstätte des Konzentrationslagers Sachsenhausen verübt, bei dem ein Museumsgebäude zerstört wird. Im Reichstagsgebäude wird am 17. Oktober ein Staatsakt zur Beerdigung des ehemaligen Bundeskanzlers und SPD-Vorsitzenden Willy Brandt begangen. Der zuvor, am 8. Oktober im Alter von 78 Jahren verstorbene Politiker, wird auf dem Waldfriedhof in Zehlendorf (Berlin) beigesetzt. Die Grünen-Politiker Gert Bastian und Petra Kelly werden am 19. Oktober in ihren Haus in Tannenbusch (Bonn) tot aufgefunden. Die Bildungsministerin Brandenburgs, Marianne Birthler tritt am 28. Oktober von ihrem Amt zurück. Grund dafür war das Verhalten des brandenburgischen Ministerpräsidenten Manfred Stolpe in Verbindung mit seinen nicht geklärten Kontakten zur Stasi.

Prozess gegen Honecker und SED-Funktionäre (November)
Am 8. November kommt es in Berlin zu einer Großdemonstration von insgesamt 350.000 Teilnehmern gegen die anwachsende Ausländerfeindlichkeit in Deutschland. Bundespräsident Richard von Weizsäcker wird dabei in seiner Rede bei der Abschlusskundgebung von mehreren hundert Gegendemonstranten gestört. Das Landgericht Berlin beginnt am 12. November mit dem Prozess gegen den ehemaligen Staatschef der DDR, Erich Honecker und fünf weitere, hochrangige Funktionäre der DDR. Darunter sind Erich Mielke (Minister für Staatssicherheit), Hans Albrecht (Suhler Bezirkssekretär der SED), Heinz Keßler (Verteidigungsminister) und sein Stellvertreter Fritz Streletz. In in Bonn kommt es am 14. November zu einer Großdemonstration von über 100.000 Teilnehmern gegen den ansteigenden Fremdenhass im Land. In der Kleinstadt Mölln (Schleswig-Holstein) wird von Rechtsextremen am 23. November ein Brandanschlag verübt, bei dem 3 Türkinnen sterben und 7 weitere Personen verletzt werden. Als Reaktion auf den Brandanschlag, wird von Innenminister Seiters, am 27. November die NF ("Nationalistische Front") verboten.

Großdemonstration gegen Ausländerfeindlichkeit (Dezember)
Am 6. Dezember kommt es in München zu einer Protestdemonstration von 400.000 Teilnehmern gegen Ausländerfeindlichkeit in Deutschland. Die Demonstranten bilden eine 45 Kilometer weite Lichterkette. Innenminister Seiters verbietet daraufhin am 10. Dezember, die überwiegend in Brandenburg angesiedelte, rechtsextreme Organisation "Deutsche Alternative". Bundeskanzler Kohl kündigt am 17. Dezember an, dass die Bundeswehr sich mit 1.500 Soldaten an der Mission der Vereinten Nationen in Somalia beteiligen wird.