Literatur 1988 Das literarische Jahr
In Anbetracht der Veröffentlichungen und
Preisverleihungen steht das literarische Jahr 1988 ganz
im Zeichen der Verquickung von Politik und Literatur,
von der wechselseitigen Abhängigkeit von Kunst und
Gesellschaft.
Boris Pasternaks „Doktor Schiwago“
Dass Literatur und Politik einander oftmals enger
verbunden und verpflichtet sind, als man im Allgemeinen
annehmen könnte, zeigt sich am Schicksal des ersten und
einzigen Romans des russischen Schriftstellers Boris
Leonidowitsch Pasternak: „Doktor Schiwago“, ein
erzählerisches Werk von epischer
Tragweite und immenser
Bedeutung, erhielt im Jahr 1958 den Nobelpreis für
Literatur. In Russland, der Heimat seines Verfassers,
wurde der Roman jedoch erst im Jahr 1988 veröffentlicht,
dreißig Jahre nach der Verleihung des Nobelpreises, an
der Pasternak nicht teilnehmen konnte.
Neun Jahre lang hatte Pasternak an „Doktor Schiwago“
gearbeitet, bis der Roman im Jahr 1957 erstmals
erschien, nicht jedoch in der Muttersprache seines
Verfassers, sondern in einer italienischen Übersetzung.
Hintergrund für die strengen Maßnahmen, denen das
Erzählwerk ausgesetzt war, ist der Handlungsrahmen des
Buches, der sich vom Anfang des 20. Jahrhunderts bis in
die 30er Jahre hinein erstreckt und als historischen
Hintergrund auch die chaotischen Zustände des
Bürgerkriegs in der Sowjetunion thematisiert.
So wurde das traurige Schicksal des Romans „Doktor
Schiwago“ zum Politikum; der Autor selbst durfte den
Nobelpreis nicht entgegennehmen und starb im Jahr 1960.
Erst das literarische Jahr 1988 brachte die
Veröffentlichung des Buches in russischer Sprache in
Russland mit sich und setzt somit ein Zeichen
beginnender Freiheit.
Friedenspreis des Deutschen Buchhandels für Siegfried
Lenz
Zu den wichtigen Preisen der deutschsprachigen
Literaturlandschaft zählt der Friedenspreis des
Deutschen Buchhandels. Im Jahr 1988 wurde diese
Auszeichnung an Siegfried Lenz verliehen, einen
wichtigen Schriftsteller der deutschen
Nachkriegsliteratur, der auch das literarische Leben der
Gegenwart mit seinen Romanen und Erzählungen bereichert.
Der im Jahr 1926 in Ostpreußen geborene Autor erlangte
vor allem durch seinen im Jahr 1968 erschienenen Roman
„Deutschstunde“ Berühmtheit, der eindringlich die Frage
der Schuld in Verbindung mit der nationalsozialistischen
Vergangenheit Deutschlands thematisiert.
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