Das Modejahr 1976 Mode  Folklore im Trend

Volkstümliches in der Kleidung machte Schlagzeilen. Da kam Haute-Couture-Folklore auf den Laufsteg geschritten, die Aufsehen erregte. Yves Saint-Laurent war es, der die Gewänder einfacher Osteuropäer in maßgeschneiderte Mode verwandelte. Im Vorjahr hatte sich dieser Trend schon abgezeichnet. Auch die Inspiration, die sich aus der chinesischen Kleidung für den europäischen Alltag ergab, wurde mit zunehmendem Interesse wahrgenommen. Glücksdrachen, bunte Vögel und Blumen waren begehrte
Muster, die Poesie und Lebensfreude ausstrahlten und deshalb auf Kimono-Blusen und Jacken ihren Niederschlag fanden. Eins zu eins wurde die Pariser Mode zunächst nicht in den Alltag  integriert, aber die Anregungen zeigten auf alle Fälle Auswirkungen. Preiswerte Ausweichmöglichkeiten boten große Reiseplaids, die im Karomuster oder aus Woll-Materialien mit Blumendrucken angeboten wurden. Gürtel zum Binden oder mit Schnalle waren mit bunten Kordeln oder Quasten folkloristisch verschönert. Borten an Röcken oder Blusen zeigten zumindest, dass man der Haute Couture bereit war zu folgen. Folklore war en vogue, aber nicht jede Frau wollte sich derart kleiden. Alternativ wurde der Hosenanzug immer begehrter. Für die Damen, versteht sich. Modelle in Schwarz oder Weiß standen zur Auswahl, aber besonders schick war der Nadelstreifen-Hosenanzug. Die Hosen verloren etwas an Weite. Das Ensemble wurde adretter. Zur Anzug-Jacke konnte auch ein langer, seitlich geschlitzter Rock getragen werden. Modisch komplett war das Ganze mit einer Schleifen-Bluse. Folklore-Mode wurde von jungen Mädchen sommers knöchellang bevorzugt. Ansonsten bedeckten die Röcke und Kleider das Knie. Passend zu den Hosenanzügen konnte auch eine dreiviertellange Bluse getragen werden, der Kasack. Dieses Kleidungsstück französischen Ursprungs war schick und konnte im Wechsel mit der Tunika, die wiederum römisch-antiker Herkunft war, zum Anzug kombiniert werden.
Die jungen Männer trennen sich allmählich vom sogenannten Gammel-Look. Doch von der Folklore der Damen-Bekleidung waren die Herren weit entfernt. Bei ihnen wurde es auffallend dezenter, geradezu klassisch. Lässigkeit wurde gegen Würdevolles eingetauscht. Flanell und Tweed waren die Stoffe, aus denen der moderne Anzug für den Herrn gearbeitet wurde und die Abnehmer waren teilweise sehr jung. Man wollte gestylt und wohlhabend aussehen. Unauffällige Eleganz täuschte über nicht vorhandenen Wohlstand hinweg. Mann kleidete sich  bewusst gediegen. Stille Abkehr von der auffälligen Ablehnungsmode, die bis dato den jungen Mode-Alltag beherrscht hatte. Diese Veränderung hatte finanzielle Konsequenzen. Die Herrenmode wurde kostspieliger, denn die Materialien mussten edel sein und ein Anzug aus reiner Wolle war eine Anschaffung, die es zu bedenken galt, dabei waren es durchaus Prêt-à-Porter-Modelle. Die Schnitte waren bequem, hatten eine Selbstverständlichkeit, die aber nicht an die Lässigkeit des bisherigen Trends heranreichte. Figurbetonung durch leichte Taillierung war aktuell. Aus Paris kam der Pelzmantel für den Mann dazu, eine Kreation von Pierre Cardin. Von all dem war die männliche Freizeitkleidung nicht betroffen. Hier waren Jeans und Cordhosen am beliebtesten. Die Modemutigen trugen auch Knickerbocker oder ließen die unteren Hosenbeine in Stiefeln verschwinden. Damit kam wenigstens die Optik einem Knickerbocker nahe.
Die Damen wählten für den Abend Haremshosen oder orientalisch anmutende Kleidung. Ergänzt wurde sie mit einer Kopfbedeckung, die einem Turban ähnelte. Ob das en vogue war, wenn man eines der Konzerte von Wolf Biermann besuchte, der gerade in der Bundesrepublik auf Tour war und in dieser Zeit aus der DDR ausgebürgert wurde, ist nicht anzunehmen. Für das 100-jährige Jubiläum der Eröffnung des Bayreuther Festspielhauses war dieser Look vielleicht schon eher eine Option.
Ein gewisser Herr Jean-Paul Gaultier stellte im Jahre 1976 seine erste Modekollektion vor. 
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