Das Jahr 1977 begann mit bemerkenswerten Schlagzeilen. Da war der
Bombenanschlag in der Moskauer U-Bahn, bei dem sechs Menschen
umgekommen waren und über den nur „nebelhaft“ berichtet wurde. Da
war aber auch die erste Bürgerrechtsbewegung - „Charta 77“ -, die
sich in der CSSR etablierte und eine Opposition zur Regierung
bildete. Die Unterzeichner dieser Bewegung mussten mit
Diskriminierungen und Repressalien rechnen. Doch die Mitglieder der
Charta blieben bei der Stange und wurden durch internationalen
Zuspruch aus westlichen Ländern ermutigt.
In der Bundesrepublik kam 1977 eine Zeitschrift heraus, die vor
allem durch ihre Herausgeberin, Alice Schwarzer, eine Organ der
Frauenbewegung wurde. Frauen wurden immer selbstbewusster und ließen
sich durchaus nicht mehr nur an den Herd verbannen. Ein
„gefährliches“ Beispiel war allerdings im Jahr 1977 die
Schauspielerin Ingrid van Bergen, die ihren Geliebten erschossen
hatte und dafür ins Gefängnis ging.
Aus jenem Jahr blieb auch ein schreckliches Flugzeug-Unglück im
kollektiven Gedächtnis: Am 27. März war die umgeleitete Maschine der
Pan America Airways mit einer Boeing 747 in der Luft
zusammengestoßen. So geschehen auf der Kanaren-Insel Teneriffa. Bei
dem Unglück waren 583 Menschen ums Leben gekommen.
Die Rote Armee Fraktion machte schockierend Schlagzeilen mit der
Ermordung des Generalbundesanwalts Siegfried Buback am 7. April
1977. Die Bekämpfung des Terrorismus in der Bundesrepublik ging nur
sehr langsam vonstatten. Doch nach dem Mord an Buback wurden dann
doch drei RAF-Mitglieder, Andreas Baader, Gudrun Ensslin und
Jan-Carl Raspe, zu lebenslanger Haft verurteilt.
Die Bundesrepublik hatte im Mai den Tod eines bedeutenden Politikers
zu betrauern. Der Vater des Wirtschaftswunders, Ludwig Erhard -, der
von 1949 bis 1963 dem Land als Wirtschaftsminister diente, war im
Alter von 80 Jarhen gestorben. Ihm war es zu danken, dass die
Menschen nach dem zweiten Weltkrieg nach und nach in ein
wirtschaftlich tragbares Leben zurückkehren konnten. Am 5. Mai war
Erhard in Bonn an Herzversagen gestorben.
Ein Ende fand auch der „König der Züge“, der Orient-Express, der im
Frühsommer 1977 zu seiner letzten Fahrt von Paris nach Istanbul
unterwegs war. Er war 126 Jahre auf dieser Strecke gefahren.
Die britische Königin, Elisabeth II. beging ihr silbernes
Thronjubiläum und bei ihrem Umzug säumten ungefähr eine Million
Menschen den Straßenrand.
Die DDR-Bevölkerung hatte einen schweren künstlerischen Verlust zu
beklagen. Sie verlor einen ihrer Star-Schauspieler: Manfred Krug,
der nach dem Westen übersiedelte, nachdem er sich zu dem
ausgebürgerten Liedermacher Wolf Biermann bekannt hatte und
anschließend mit einem Berufsverbot leben musste.
Zwischen den Großmächten der Welt, USA und UdSSR, waren die
Spannungen nicht geringer geworden, zudem US-Präsident Jimmy Carter
immer wieder auf die Menschenrechtsverletzungen in der Sowjetunion
hingewiesen hatte. Das fanden die Sowjets gar nicht gut. Folglich
befand der sowjetische Staats- und Parteichef Leonid Breschnew, dass
ein Gipfeltreffen mit dem US-Präsidenten überhaupt keinen Sinn
machen würde.
Die Weltbevölkerung brach in Entsetzen aus, als die Meldung vom Tod
von Elvis Presley die Runde machte. Das Rock‘n‘Roll-Idol starb am
16. August 1977 im Alter von nur 42 Jahren. Was blieb, war seine
Musik. Immerhin.
Derweil hatte die Bundesrepublik mit einer neuen schockierenden
Meldung zu kämpfen. Der Arbeitgeberpräsident Hanns Martin Schleyer
war von der RAF im September entführt und letztendlich im Oktober
ermordet worden. Auch sein Fahrer und drei Polizisten waren bei der
Entführung ermordet worden. Die Bevölkerung war von so viel brutaler
Aktion entsetzt. Die dramatischen Ereignisse rissen nicht ab. Die
Terroristen Baader, Ensslin und Raspe, die in Stuttgart-Stammheim
einsaßen, hatten im Oktober Suizid verübt. Grund genug für den
baden-württembergischen Justizminister Traugott Bender, seinen
Rückzug anzutreten.
Während in der CSSR die oppositionelle Bewegung „Charta 77“ im
Untergrund agierte, hörte man aus der DDR wenig von Oppositionellen.
Aus der Bundesrepublik schon. Dort gab es ein spektakuläres
Ereignis, das in die Schlagzeilen geriet. Aus Protest gegen
„fortgesetzte regierungsamtliche Falschinformation“ in der
Energiepolitik hatte sich der Umweltschützer Hartmut Gründler
während des SPD-Parteitages mit Benzin übergossen, sich angezündet
und war einige Tage später den Folgen seiner Selbstverbrennung
erlegen. Sein politisches Testament hatte er vor der Aktion an
zahlreiche Presseorgane geleitet, die dann in großen Lettern über
dieses Ereignis berichteten, so dass es auch international für
Aufsehen sorgte.