Das  Modejahr 1966 - Die Jugendlichen liebten viele Stilrichtungen

Wenn die jungen Leute ihre langen Haare zum Rhythmus von Beatles-Musik oder den Protest-Songs von Bob Dylan schüttelten, dann waren sie unter sich. Sie gehörten, glaubte man der bürgerlichen Meinung, zu den Gammlern. Diese abwertende Bezeichnung prägte die Jugend einer ganzen Generation. Doch was taten die jungen Leute? Sie liebten eine andere Musik, kleideten sich ungeniert und bewegten sich freier als ihre Eltern. Hinzu kam die sexuelle Freiheit, die sie auslebten. Das konnte den Älteren nicht gefallen. So viel Unordnung zog viel Ablehnung nach sich.
Doch aufzuhalten waren diese Jugendlichen nicht mehr. Sie liebten die verschiedenen Stilrichtungen, wenn die nur anders waren als die Anzug-Welt der bürgerlichen Spießigkeit. Die Pop-Art wurde zur Selbstverständlichkeit, kombiniert mit der Op-Art und das alles gegen die neue Romantik, in der wadenlange Mäntel über dem kurzen Rock getragen wurden. Die Abendkleidung zeichnete sich durch silberfarbene Brokatstoffe aus. Kleider und Hosenanzüge im dezenten Silberton sollten an den Weltraum erinnern. Kombiniert wurde die Abendgarderobe mit einer Kappe, die am Kopf anlag und voller Pailletten war. Je ausgefallener, desto schicker.
Während die Jugend gern Op- und Pop-Art trug, sich mit der Geometrie angefreundet hatte, die sich in der Kleidung widerspiegelte und Farbzusammenstellungen liebte, die die Augen irritierten, konnte die etablierte Frau sich nur an der aufkommenden Romantik modisch orientieren. Kostüme und Kleider aus den Vorjahren wurden aufgetragen. Damit war das immer wieder verwendete Benutzen von Kleidung gemeint, das in diesem Fall aber weniger aus Sparsamkeitsgründen geschah, sondern deshalb, weil diese Altersgruppe von den renommierten Modemachern unbeachtet blieb. Die Jugend war so sehr in den Vordergrund gerückt, dass es die Dame von Ende Zwanzig und älter scheinbar nicht gab. Ähnlich war es bei der Mode der etablierten Herren. Wenn Mann sich abends nicht gerade edel und teuer aussehend kleidete, um damit aufzufallen, dann waren die Möglichkeiten der Tagesmode nicht sehr ergiebig. Und auch Jeans gehörten der Jugend. Undenkbar, dass der Vater sich der Mode des Sohnes hingab. Doch vielleicht hätte gerade das zum besseren Verständnis beigetragen.
Die Entrüstung war groß, als Yves Saint-Laurent eine durchsichtige Chiffon-Bluse vorstellte, unter der nichts als nackte Haut zu sehen war. Der Transparent-Look war bodenlos, doch die Herren riskierten gern einen Blick, bevor sie sich über Moral unterhielten. Im alltäglichen Leben kam die transparente Kleidung gut an, wenngleich sie mitunter gemildert wurde, weil Frau eine Kleinigkeit unter der Bluse trug.
Nun war die Freizügigkeit, die sich in der Mode der Jugend ausdrückte, nicht allein Grund zur Sorge. Es war auch der erhöhte Drogen-Konsum, der nicht mehr zu übersehen war. Selbst in der Musik der „Beatles“ und der „Rolling Stones“ waren psychedelische Elemente nicht zu überhören. Einerseits wollte die Jugend frei und anders sein, andererseits herrschte eine große Orientierungslosigkeit. Was modisch extrem war und Protest ausdrückte, war en vogue. Und da war immer noch der Mini-Rock der Stein des Anstoßes und heiß umstritten. Die Meinungen gingen auseinander. Die jungen Mädchen mischten sich nicht in den Streit um die Rocklänge, sie trugen die Röcke und Kleider einfach. Und je kürzer sie waren, desto sicherer konnten sie sein, beäugt zu werden. Auffallen um jeden Preis war längst zum Motto geworden. Dass in aller Spießigkeit auch die Sorge um moralische Grundwerte verborgen war, interessierte nicht.  Langweilig war die Mode im Jahr 1966 keineswegs. Sie war bunt und ideenreich und – sie war der Jugend vorbehalten.

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