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Literatur 1948 Das literarische Jahr


Anfang des Jahres, am 30. Januar 1948, fiel Mahatma Gandhi einem Attentat zum Opfer. Der Todesschütze war der Hindu Nathuram Godse, der damit gegen den gewaltlosen Kampf Gandhis protestieren wollte. Er wurde ein Jahr später hingerichtet. 1948 Jahr wurde der Staat Israel gegründet.
Währenddessen wurde in Nicaragua der Ausnahmezustand ausgerufen, da es dort zu tragischen Unruhen kam. In der Tschechoslowakei starb der Außenminister Jan Masaryk auf merkwürdige Art und Weise, indem er aus dem Fenster seines Büros stürzte.
Nicht nur mit seinem Buch, auch mit dem Coverbild auf der Rückseite machte 1948 Truman Capote auf sich aufmerksam. Der zu jener Zeit 23-jährige Schriftsteller brachte seinen ersten Roman „Andere Stimmen, andere Räume“ heraus, der sofort ein Bestseller wurde. Auf dem Foto posierte Capote lasziv erotisch und sah mit herausforderndem Blick in die Kamera. Das Foto wurde kontrovers diskutiert, mehr noch als der Inhalt des Buches, zumal es auch auf die Homosexualität des Schriftstellers hindeutete. Für Capote kam die Kontroverse sehr gelegen, prägte sie mitunter genau den Ruf, den er sich für seine Karriere wünschte. Seine Romane waren immer Bestseller, während Capote an der Seite von Andy Warhol und anderen Stars auch in der berüchtigten Diskothek „Studio 54“ aufkreuzte. Er machte keinen Unterschied zwischen literarischer und öffentlicher Welt. Wichtig war, dass man über ihn redete.
In eine ganz andere Richtung tendierte Jean Paul Sartres Drama „Die schmutzigen Hände“. Hier setzte sich der Philosoph mit dem Zweiten Weltkrieg und dem Kommunismus auseinander. Auch John Steinbeck griff ein ähnliches Thema auf und veröffentlichte sein „Russisches Tagebuch“, in dem er über den Kalten Krieg und von seinen Reisen in die Sowjetunion berichtete.
Es sollte noch ein Jahr vergehen, bevor William Faulkner den Nobelpreis für Literatur bekam. 1948 erschien sein Roman „Griff in den Staub“, in dem es um den Mord eines schwarzen Mannes an einem Weißen ging. Faulkner widmete sich hier dem Rassismus, der Nord-Süd-Staaten-Auseinandersetzung. Der Roman wurde schon bald nach der Veröffentlichung verfilmt.
Den Literaturnobelpreis erhielt in diesem Jahr ebenfalls ein Amerikaner. Der Dramatiker und Dichter Thomas Stearns Eliot wurde hauptsächlich für sein lyrisches Werk ausgezeichnet, wobei er sich an Vorbilder wie Shakespeare oder Dante orientierte. Seine Themen drehten sich um die Zweifel des Geistes, die Wiedergeburt, die Ewigkeit und die Verarbeitung der Vergangenheit.
Ein äußerst einflussreicher Schriftsteller und Kritiker, insbesondere auf dem Gebiet des Naturalismus, war Alfred Kerr. Er förderte viele Dramatiker, darunter Gerhart Hauptmann oder Henrik Ibsen, und musste 1933 als Jude vor den Nazis fliehen, landete in Prag, später in Paris und London. Auch seine Werke fielen der Bücherverbrennung unter dem Hitler-Regime zum Opfer. Nach dem Krieg arbeitete Kerr hauptsächlich als Journalist und erlitt 1947 einen Schlaganfall, der ihn dermaßen erschreckte, dass er 1948 mit Schlaftabletten Suizid beging, um den Tod auf diese Art und Weise freiwillig entgegenzugehen.
Thomas Mann war einer, der sich gerne mit Kerr stritt. Auch mit Theodor Lessing lag er nur allzu oft im Clinch. Mit ein Grund blieb dabei die ambivalente Einstellung zum Judentum, mit dem sich Mann dann in seiner Joseph-Tetralogie ausführlich auseinandersetzte und schließlich seine Bewunderung zum Ausdruck brachte, wobei es ihm nicht darum ging, ein „Juden-Epos“ zu schreiben, sondern ein „Lied vom Menschen“. Die Idee dazu stammte von Goethe aus seiner Autobiografie „Dichtung und Wahrheit“. Dort spricht der große Dichter und Geheimrat davon, dass die biblische Saga von Joseph zwar anmutig, jedoch zu kurz sei. Thomas Mann griff diesen Hinweis auf und überlegte sich, wie er die Geschichte aus dem 1. Buch Moses ausbauen konnte. Ganze sechzehn Jahre widmete er sich diesem Thema, womit er der Gegenwart und dem aktuellen Geschehen um ihn herum nicht so sehr entkommen, sondern vielmehr am Volk Israel den Werdegang des Menschen in seiner Humanität aufzeigen wollte. Die komplette Tetralogie erschien 1948 dann auch in Amerika.

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