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Das Musikjahr 1926 - Die Anfänge von Louis Armstrong

Am 23. August 1926 starb der Prototyp des Latin Lover, der zumeist traurig-bedeutungsschwer blickende, italo-amerikanische Filmstar Rudolph Valentino. Bereits vier Tage später brachte der vor allem als Country-Sänger populäre Vernon Dalhart mit dem sentimentalen „There's A New Star In Heaven Tonight“ eine zeitlich punktgenau abgestimmte und kommerziell lohnende musikalische Würdigung des weltweit von Abermillionen, meist weiblichen, Fans betrauerten Superstars heraus.
Vernon Dalhart war 1926 auch mit Country-Balladen wie „The Death Of Floyd Collins“, „The Convict And The Rose“ oder „The Governor's Pardon“ ausgesprochen gut im Geschäft, wenn es auch nicht für einen Billboard-Nr.1.-Hit reichte. Auf dieser Position wechselten sich vor allem die bereits in den Vorjahren als Hitparadenstürmer bewährten Paul Whiteman („Valencia“, „The Birth Of The Blues“), Al Jolson („I'm Sitting On Top Of The World“, „When The Red, Red Robin Comes Bob-Bob-Bobbin' Along“) und Gene Austin („Bye Bye, Blackbird“, „Five Foot Two, Eyes of Blue“) ab.
Das 1924 als Song im Gershwin-Musical „Lady, Be Good!“ vorgestellte „Fascinating Rhythm“ wurde in der 1926er Plattenversion (Gesang: Adele und Fred Astaire, Klavier: George Gershwin) zum Verkaufschlager und konnte sich in den Billboard-Charts weit oben platzieren. Ebenso der 25-jährige Trompeter und Sänger Louis Armstrong, der zusammen mit seiner Begleitband The Hot Five mit dem Scat-Gesang-Lied „Heebie Jeebies“ seinen ersten Hit landen konnte und begleitet von May Alix auch mit "Big Butter and Egg Man" in den Charts vertreten war. Zu den populärsten Blues-Stücken gehörten 1926 der „Early Morning Blues“ von Blind Blake und Blind Lemon Jeffersons „Jack O´Diamonds“.
Der vollkommen rassistischen Unkorrektheit der Zeit entsprechend schaffte es der Max-Kuttner-Gassenhauer „Der Neger hat sein Kind gebissen“ in Deutschland mühelos zum gern gegrölten Schenkelklopfer. Angenehmer war da schon der geschmeidige, von Willi Rosen komponierte Tango „Wenn du mal in Hawaii bist“. Zu deutschen, in Frageform betitelten Schlager-Großhits des Jahres wurden der von Anton Profes komponierte und von Fritz Rotter betextete Nonsens- Song „Was macht der Maier am Himalaya?“, der nicht viel ernsthaftere Richard-Fall-Foxtrott „Wo sind deine Haare, August?“ (Text: Fritz Löhner-Beda) und die von Max Kuttner im Onestep-Modus besungene und nie beantwortete Frage „Wer hat bloss den Käse zum Bahnhof gerollt?“ (Text/Musik: Franz Straßmann). Gern wurde zu Walter Kollos Foxtrott „Zwei Rosen, ein zarter Kuss“ in deutschen Tanzsälen geschwoft oder der vom Orchester Marek Weber gespielten musikalischen Aufforderung „Mit dir möcht ich am Sonntag Angeln geh´n“ („Das Lied vom Angeln“) gefolgt. Aus der 1926 uraufgeführten Operette „Die Zirkusprinzessin“ von Emmerich Kálmán wurde das Macho-Liedchen „Die kleinen Mäderln im Trikot“ zum Hit.
Das im selben Jahr uraufgeführte US-Musical „Oh, Kay!“ der Gershwin-Brüder George (Musik) und Ira (Text) ging vor allem wegen des zum Evergreen gewordenen Songs „Someone To Watch Over Me“ in die Musikgeschichte ein.
Im Opernbereich kam es 1926 symbolisch zur Staffelholzübergabe zwischen zwei Spitzenkomponisten. In der Mailänder Scala hatte unter der Stabführung von Stardirigent Arturo Toscanini am 25. April mit „Turandot“ die letzte Oper der 1924 gestorbenen italienischen Musiklegende Giacomo Puccini Premiere. Wenige Wochen später, am 12. Mai, wurde in Leningrad die 1. Sinfonie des erst 19-jährigen russischen Komponisten Dmitri Schostakowitsch mit großem internationalen Erfolg erstmals aufgeführt.

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