1900 1901 1902 1903 1904 1905 1906 1907 1908 1909

Das Sportjahr 1900 – Die Olympiade zur Weltausstellung


Tennis
In der Sportart, die heute längst nicht mehr zu den elitären Sportarten zählt, sondern populärer denn je ist, hatte es schon vor dem Jahr 1900 Wettkämpfe gegeben. Die Regeln, nach denen noch heute gespielt wird, entstanden in Wimbledon, einem Londoner Stadtteil, der dem Turnier gleichsam den Namen gab. Die ersten Meisterschaften wurden 1877 auf einer Rasenfläche ausgetragen und noch heute ist Wimbledon die einzige Rasen-Austragungsstätte.
Zudem gab es die US Open, ein Tennisturnier in Amerika, das seit 1881 in New York als die ersten U.S. National Championsships für die Herren stattfand. Der Damenwettbewerb kam erst im Jahre 1887 dazu.
Im Jahre 1900 sollte ein neuer Mannschaftswettbewerb für das Herren-Tennis dazukommen – der Davis Cup. Sein Begründer war Dwight Filley Davis (1879-1945), der vor seiner politischen Laufbahn als Student in Harvard zum Tennisteam dieser Universität gehörte. Vier Mitglieder dieses Teams hatten 1899 beschlossen, Großbritannien, das als Mutterland des Tennisspiels gilt, herauszufordern und einen Wettkampf auszutragen. Die Zusage kam und Dwight Filley Davis stellte ein Wettkampfkonzept zusammen. Davis kümmerte sich auch um einen Siegerpokal, den er laut einer Anekdote, lediglich von dem Geld kaufte, das er zu jener Zeit gerade bei sich trug. Der Pokal war aus Sterlingsilber. Großbritannien und die USA trugen ihre Tennis-Partien im Jahre 1900 aus. Sie hatten in Boston, stattgefunden, der Stadt, in der die Harvard-Universität beheimatet ist.
Die Briten staunten nicht schlecht, als sie sich unerwartet starken Spielern gegenüber sahen, die schließlich auch aus den drei ersten Spielen als Sieger hervorgingen.
Der 9. Februar 1900 gilt als der Stiftungstag des Davis Cups. Dwight Filley Davis, der zu jener Zeit ein 20-jähriger Student war, ging damit in die Geschichte des Tennissportes ein, denn noch heute wird der Davis Cup ausgetragen und er trägt den Namen seines Stifters. Zwar fand im nächsten Jahr kein Cup statt, aber 1902 und auch dabei gewann das amerikanische Team. Von da an gab es den Davis Cup regelmäßig – bis heute.

Boxen
Das Finale der im amerikanischen Coney Island ausgetragenen Box-Weltmeisterschaft im Schwergewicht fand am 11. Mai 1900 statt. Der US-Amerikaner James J. Jeffries besiegte seinen Landsmann James J. Corbett und wurde Weltmeister. Zunächst hatte Corbett jedoch gegen den 25-jährigen Jeffries, einen Farmerssohn aus Caroll/Ohio den Kampf dominiert, wurde aber von Jeffries schließlich in der 23. Runde durch ein K.O. in die Knie gezwungen. Der Stil des Gegners James J. Corbett wurde übrigens dem Konterboxen zugeordnet, eine Kampfart, die defensiv ist und bei der der Schlag des Gegners abgewartet wird.
Corbett hatte sein Box-Debüt 1886 gegeben, war in jener Zeit noch unter dem Namen „Jim Dillon“ angetreten und konnte von insgesamt 13 Kämpfen neun Mal einen Sieg erringen. Spektakulär war später u. a. sein Kampf gegen den aus Australien stammenden Peter „Black Prince“ Jackson. Diesen Gegner hatte der damals amtierende und gleichsam erste Schwergewichts-Weltmeister John Lawrence Sullivan wegen der Hautfarbe von Jackson abgelehnt. Corbett war gegen diesen starken Gegner angetreten. Beide Boxer führten ihren Kampf über 61 (!) Runden, dann musste das Spektakel abgebrochen werden, die Athleten waren zu erschöpft.
Nach der Niederlage im Mai 1900 trat Corbett nur noch zweimal zu Kämpfen an.

Die II. Olympischen Spiele in Paris
Das Jahr 1900 war das Jahr der fünften Weltausstellung, die in Paris vom 5. April bis zum 12. November stattfand. Sie ist mit technischen Neuerungen in die Geschichte eingegangen. Der Dieselmotor wurde vorgestellt, die erste Rolltreppe war in Aktion und auch der Tonfilm wurde präsentiert. Im Rahmen dieses Ereignisses fanden auch große Sportwettkämpfe statt.
In der Zeit vom 14. Mai bis zum 28. Oktober wurden in Paris die II. Olympischen Spiele ausgetragen. Diese Spiele hatten damals allerdings noch nicht die Bedeutung, die sie im Laufe der Jahrzehnte bekommen sollten. Sie standen völlig im Schatten der Weltausstellung, die von mehr als 50 Millionen Menschen besucht wurde. Damit gehört sie zur erfolgreichsten ihrer Art weltweit. Auf die Anzahl der Zuschauer, die den Wettkämpfen beiwohnten, hatte das jedoch keinen Einfluss. Die Olympischen Spiele waren während der „Exposition Universelle et Internationale de Paris“ nur ein Randereignis. Wenn es auch kaum Zuschauer gab, so war die Teilnahme von Frauen an den Sportwettbewerben immerhin ein bedeutender Schritt in Richtung Gleichberechtigung.
Undenkbar, dass die Presse fast keine Informationen veröffentlichte. Undenkbar auch, dass der Begriff „Olympische Spiele“ so gut wie keine Erwähnung fand. Offiziell wurden „nur“ Internationale Wettbewerbe für Leibesertüchtigungen und Sport (Concours Internationaux d’Exercices Physique et de Sports) ausgetragen. Die Organisation der Spiele bot den Sportlern unmögliche Bedingungen und Austragungsorte, die weit von einander entfernt lagen.
Und doch ist ein Name im Zusammenhang mit dieser Olympiade in die Sportgeschichte eingegangen – Pierre de Coubertin. Er gilt als Begründer der Olympischen Spiele der Neuzeit, wenngleich seine Forderungen die Wettbewerbsbebdingungen betreffend von den Verantwortlichen der Weltausstellung fast vollständig ignoriert worden waren. Im Nachhinein wurden die Spiele des Jahres 1900 zwar vom IOC legitimiert, doch die rückwirkenden Anschauungen, die einer Aufarbeitung dienen sollten, weisen große Abweichungen auf.
Pierre de Frédy, Baron de Coubertin (1863-1937), der nicht nur Lehrer war, sondern auch ein sehr engagierter Sportfunktionär, stammte aus einer alten Adelsfamilie. Ursprünglich sollte er eine Offizierslaufbahn einschlagen, doch trotz seiner Kunst- Philologie- und Jurastudien an der Pariser Sorbonne hatte sich Coubertin der Pädagogik zugewandt. Er bereiste in diesem Zusammenhang die USA, Kanada und England. Schließlich manifestierte sich bei ihm die Erkenntnis, dass nur in der Einheit von Geist, Körper und Seele eine sportliche Erziehung bei Jugendlichen, aber auch bei Erwachsenen, sinnvoll sei. Um 1880 - die Ausgrabungen hatten bereits begonnen – wurde Coubertin von der Wiederentdeckung der Sport- und Kultstätte der Antike in Olympia derart beeinflusst, dass er sich der allgemeinen Völkerverständigung wegen für die Wiederbelebung der einstigen Sportspiele einsetzte, um ihnen ein neues Credo zu geben. Ihm schwebte das olympische Idealbild vor, in dem nur männliche Einzelkämpfer gegeneinander antreten sollten. Gegen die Teilnahme weiblicher Sportler vermochte er sich auf die Dauer aber nicht durchzusetzen.
Coubertin gründete 1894 das Internationale Olympische Komitee, wurde dessen Generalsekretär und initiierte die I. Olympischen Spiele in Athen im April 1896.
Dass die II. Olympischen Spiele, die in Paris vier Jahre später stattfanden, nur zu einer Nebensächlichkeit degradiert wurden, war so gar nicht im Sinne des engagierten Sportsmannes, der fest mit einem ruhmreichen Ablauf gerechnet hatte, so wie er das in Athen erleben konnte.
Noch ohne Regelwerk im heutigen Sinne fanden die Spiele letztendlich statt, auch wenn die Organisation keinesfalls nach Coubertins Vorstellungen abgelaufen war. Der in späteren Jahren veröffentlichte Medaillenspiegel zeigte 89 Wettkämpfe an. Es gibt aber auch Angaben bis zu 95 Wettkämpfen. Welche Sportarten damals als „rein olympisch“ angesehen waren, lässt sich ebenfalls nicht mit heutigen Maßstäben vergleichen. Eines ist aber heute noch die Regel – es dürfen nur Amateursportler antreten.
An immerhin sechs Wettkämpfen nahmen Frauen teil. Eine von ihnen, eine Gräfin aus der Schweiz, namens Hélène de Pourtalès, gehörte als Teilnehmerin bei den Wettkämpfen im Segeln zur Besatzung des Siegerbootes und war deshalb gleichermaßen die erste Frau, die einen Olympiasieg davontrug.
Wie viel Athleten tatsächlich an dieser Olympiade teilgenommen hatten, lässt sich aufgrund unterschiedlicher Angaben nicht genau nachvollziehen. Vom IOC gibt es eine Veröffentlichung, die 997 Teilnehmer benennt, davon waren 22 Frauen. Auch über die Anzahl der Länder, die an dieser Olympiade teilgenommen hatten, gibt es unterschiedliche Angaben.
Für die drei Siegerplätze in den einzelnen Disziplinen gab es noch keine Medaillen wie man sie heute kennt. Selbst die Plaketten, die entweder aus Silber oder aus Bronze gefertigt waren, bekamen die Gewinner nicht sofort in einer Zeremonie überreicht, wie es heute üblich ist. Mancher Athlet musste warten, bis sie ihm lange nach der Olympiade zugeschickt wurde. Für die Bestplatzierten gab es vor allem Geschenke – Kunstobjekte, edle Brieftaschen, Uhren etc., die jedoch selten den Wert hatten, der angegeben worden war. Dass sich die Athleten darüber nicht sonderlich freuen konnten, ist nachvollziehbar.


Fußball
Sport, besonders Fußball, entwickelte sich zu einer Sportart, die immer mehr Anhänger fand, aber vor allem auch immer mehr aktive Spieler, nach dem der Sport im Allgemeinen im 19.Jahrhundert noch keine so große Bedeutung gehabt hatte. Zunächst war in den 1870er bis zu den 1880er Jahren hauptsächlich das aus England stammende Rugby-Spiel dominant gewesen. Die Beliebtheit von Rugby bezeugt auch die Gründung des Deutschen Rugby-Verbandes, der am 4. November 1900 in Kassel gegründet wurde. Bis zum Beginn des 20. Jahrhunderts war dieser Sport unangefochten beliebt.
Das änderte sich um die Jahrhundertwende, als der Fußball dem Rugby-Spiel den Rang ablief.
In Italien wurde am 9. Januar 1900 Lazio Rom von Luigi Bigiarelli gegründet. Die Niederlande konnten die Gründung von Ajax Amsterdam am 18. März verzeichnen, außerdem hatten Straßenfußballer den NEC Nijmegen ins Leben gerufen – Vereine, die heute noch existieren.
In Deutschland kam es zur Gründung gleich mehrer Fußballvereine, u. a. FC Bayern München (27. Februar), 1. FC Nürnberg (4. Mai), 1. FC Kaiserslautern (2. Juni), VfB Bottrop (29. Juni), Borussia  Mönchengladbach (1. August) und 1. FC Bocholt (21. August).
Außerdem wurde in Leipzig am 28. Januar der Deutsche Fußball-Bund gegründet, der Dachverband aller deutschen Fußballvereine.

Sonstige Neuigkeiten
Die europäischen Länder Belgien, Frankreich, die Schweiz und Italien, in denen der Radsport seit langem betrieben wurde, gründeten gemeinsam mit den USA am 14. April in Paris die „Union Cycliste Internationale“ (UCI) – den Internationalen Radsport-Weltverband. Seinen Sitz hat diese Organisation in Aigle/Schweiz.
<< Sportjahr 1899   |   Sportjahr 1901 >>